Die Entwicklung des Handbikesport

Vielen Dank an Patrick Kromer für die Genehmigung, die Studie zu veröffentlichen.

Langzeitstudien über die technische Entwicklung
und die physiologischen Leistungsparameter der Kaderathleten im Handcyclingsport

Magisterarbeit zur Erlangung der Würde des Magister Artium der Philologischen, Philosophischen und Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.

vorgelegt von Patrick Kromer Emmendingen Sommersemester 2007 Sportwissenschaften

Vorschau

Besonders bei jungen und neu etablierten Sportarten ist in den ersten Jahren ihres Bestehens eine deutliche Entwicklung in sämtlichen Bereichen zu erkennen. Nicht anders ist es auch bei der Behinderten Sportart Handcycling, die seit ihrem internationalen Debüt 1998 als Demonstrationswettbewerb bei den Behinderten Weltmeisterschaften in Colorado Springs (USA) ausgetragen, eine konstante Progression erlebt.
Diese Entwicklung gab uns zum Anlass, die einzelnen Jahre, in Sportkreisen auch Saisons genannt, in Form einer Langzeitstudie näher zu betrachten. Insgesamt sollten Daten von 15 ausgewählten Probanden (Sportler des Bundeskaders) hierfür herangezogen und die Jahre 2000 bis einschließlich 2005 statistisch ausgewertet werden. Zum einen sollten sportmedizinische Untersuchungsunterlagen über die physiologischen Leistungsparameter Auskunft geben, sowie eine weitere Datenerhebung, die anhand des Inhaltes eines an die Athleten versendeten Fragebogens ausgewertet wurde. Diese Langzeitstudie setzt sich damit aus zwei Teiluntersuchungen zusammen:
  • dem Inhalt des Fragebogens, welcher neben der Struktur der Probandengruppe hauptsächlich auf die technische Entwicklung des Handcyclingsports ausgelegt war. Trainings-, Wettkampfstruktur und die Weiterentwicklung des Sportgerätes, dem Handbike, sollten die Kernfragen des Fragebogens beantworten.
  • der Auswertung der physiologischen Leistungsparameter der Probanden anhand von Leistungstests in der Sportmedizin Freiburg im Breisgau.

Gegenstand der Magisterarbeit wird sein, die Ergebnisse der Daten aus den beiden Teiluntersuchungen der Langzeitstudie auszuwerten, aufzuzeigen und zu beurteilen. Abschließend sollten auch die Ergebnisse aus dem Fragebogen mit denen der sportmedizinischen Untersuchungen in einen Kontext gestellt und Zusammenhänge untersucht werden.

Patrick Kromer

Inhalt

1.       Einleitung
2.       Die Sportart Handcycling
2.1     Entstehung
2.2     Disziplinen
2.3     Leistungsklassen
2.4     Das Handbike
2.5     Trainingsmethodik
2.5.1  Trainingsumfang
2.5.2  Weitere Trainingsinhalte
2.6     Die Sportmedizinische Untersuchung
2.6.1  Allgemeine Vorbemerkungen
2.6.2  Messgrößen
2.6.3  Belastungstest am Beispiel eines Handbikers
3.      Untersuchungsablauf
4.      Vorgehensweise der Datenerfassung
4.1    Probandenhomogenität
4.2    Statistische Auswertung
5.      Die technische Entwicklung des Handcyclingsports
5.1    Beschreibung der Probandengruppe
5.2    Ergebnisse der Trainingsstruktur
5.2.1 Trainingsumfang
5.2.2 Trainingsinhalte
5.3    Ergebnisse der Wettkampfstruktur
5.3.1 Entwicklung des Wettkampfangebots
5.3.2 Wettkampfleistungen
5.3.3 Exkurs: Entwicklung von internationalen Wettkampfleistungen
5.4    Entwicklung des Handbikes
5.4.1 Ergonomieverbesserungen
5.4.2 Erhöhung der Steifigkeit
5.4.3 Fallende Gewichte
5.5    Ergebnisse der Fragebogenauswertung
6.      Entwicklung physiologischer Leistungsparameter
6.1    Datenauswertung der Belastungsuntersuchung (Handbikeergometrie)
6.1.1 Körpergröße und Gewicht
6.1.2 Ruhepuls und Ruhelaktat
6.1.3 Leistungsparameter an der Lactate Treshold (LT)
6.1.4 Leistungsparameter an der individuellen anaeroben Schwelle (IAS)
6.1.5 Leistungsparameter bei 3mmol/l Lakta
6.1.6 Maximale Leistungsparameter bei Ausbelastung
6.2    Ergebnisse der sportmedizinischen Untersuchung
7.      Zusammenhänge der Ergebnisse aus Fragebogen & Handbikeergometrie
7.1    Entwicklung der Leistungsniveaus
7.2    Unterschiede der Leistungsniveaus
8.      Zusammenfassung
9.      Diskussion
10.    Ausblick
11.    Literatur

1. Einleitung

Auch wenn Behindertensportarten eine größere präventiv-therapeutische Orientierung haben als nichtbehinderte Sportarten, ist in den letzten 10 Jahren in Bezug auf leistungs- und wettkampforientiertem Behindertensport eine deutliche Veränderung zu spüren. Der Wettkampf- und Leistungsgedanke bekommt immer mehr Charakter und somit stiegen, neben den Teilnehmerzahlen bei Veranstaltungen und dem medialen Interesse, vor allem die sportlichen Höchstleistungen. Diese Zunahme an Professionalität ist vor allem durch das Verlangen der Sportler nach optimalem Training und Material, der intensiven Förderung des Verbandes, sowie einer kompetenten sportmedizinischen Betreuung zurück zu führen.
Dies trifft auch auf die Sportart Handcycling zu, die im Gegensatz zu anderen Rollstuhlsportarten, wie z.B. Tennis und Basketball, noch sehr jung ist. Sie wird erst seit ca. 1995 betrieben und machte 1998 an einem Demonstrationswettbewerb bei den Weltmeisterschaften im Behindertenradsport in Colorado Springs (USA) zum ersten Mal auf sich aufmerksam. Seither fand die Sportart zunehmendes Interesse. Nationale und internationale Wettkämpfe kamen hinzu und auch bei Großveranstaltungen wie z.B. Marathons findet die Sportart ihren Platz, was unter anderem auch eine Zusammenführung von Behinderten und Nichtbehinderten förderte. Im Jahre 2001 wurde zum ersten Mal eine Europameisterschaft (Männerwettkämpfe) und 2002 eine Weltmeisterschaft im Handcycling ausgetragen. Seit den Sommerspielen 2004 (Männerwettkämpfe) in Athen ist das Handcycling als offizielle paralympische Disziplin anerkannt. Von dieser Entwicklung profitierte neben dem wettkampfspezifischen Sport auch der Breiten- und Freizeitbereich dieser Sportart, der sich zunehmend erweiterte. Die Fähigkeit, mit einem Handbike hohe Geschwindigkeiten zu erreichen und längere Wegsstrecken zurückzulegen weckte bei vielen, vom Rollstuhl abhängigen Menschen großes Interesse. Angesteckt von diesem Boom zeigten sich auch immer mehr Hersteller von Handbikes auf dem Markt. Dieser erweiterte Markt der Hersteller ermöglichte es, dass das Handbike in den letzten Jahren immer wieder weiterentwickelt und optimiert wurde, sowie für Freizeit- und Breitensportler als auch im Wettkampfbereich.
Natürlich kam es auch unter anderem deshalb in dieser Sportart zu immer größeren Höchstleistungen, was vor allem in den letzten Jahren zu erkennen war. Ebenfalls gehört die Deutsche Nationalmannschaft im Handcycling mittlerweile zu den drei 6 besten Mannschaften der Welt. Der Gewinn der Nationenwertung bei der Weltmeisterschaft 2006 in Aigle (Schweiz) unterstreicht diese Aussage.
 
Die Magisterarbeit versucht die Jahre der Entwicklung der Sportart anhand einer Langzeitstudie darzustellen. Für die technische Entwicklung (Trainings-, Wettkampfstruktur und die Weiterentwicklung des Sportgeräts) wurden die Jahre 2000 bis einschließlich 2005 untersucht und die Sportler befragt. Bei der Auswertung der physiologischen Leistungsparameter (Leistungsuntersuchung in der Sportmedizin Freiburg) entschied man sich für die Jahre 2001 bis einschließlich 2005. Die 15 ausgewählten Probanden, ausschließlich Bundeskaderathleten, sowie der gewählte Zeitraum, sollten dabei einen guten Überblick vermitteln, die untersuchten Daten möglichst aussagekräftig veranschaulichen und Zusammenhänge zwischen verschiedenen Bereichen beschreiben.

2. Die Sportart Handcycling

2.1 Entstehung

Die Ursprünge der Sportart beruhen auf der Idee von einem komfortablen Vorankommen mit einem Rollstuhl. Ähnlich wie beim Fahrrad sollte die Möglichkeit bestehen, den Rollstuhl über einen Kettenantrieb fortzubewegen und so die Wahl von Geschwindigkeit und Intensität durch verschiedene Gänge frei wählen zu können. Bei den ersten Modellen, sogenannte Rollstuhlanbauten, die Mitte der 1990er Jahre auf den Markt kamen, wurde ein handelsüblicher Rollstuhl an einer Vorrichtung befestigt. Diese Konstruktion verfügte über ein Vorderrad, das über einen Kettenantrieb mit einer Fahrradkurbel angetrieben und an einen Rollstuhl befestigt wurde. Die Sportart Handcycling war somit geboren und nur wenige Jahre später folgte 1997/98 das Handbike, welches das heutige Sportgerät darstellt. Obwohl das Handcycling demnach eine Rollstuhlsportart ist, wurde es zusammen mit anderen Behinderten Straßenradsportarten an den Behindertenradsport angegliedert, der wiederum dem Deutschen Behinderten Sportverband (DBS) untersteht.

2.2 Disziplinen

Handcyclingwettbewerbe werden in zwei Disziplinen ausgetragen. Zum einen gibt es die Straßenrennen bei denen die Handbiker zusammen starten und auf Endsieg gefahren wird, zum anderen werden Einzelzeitfahren ausgetragen. Die Streckenlänge variiert bei den Straßenrennen zwischen 30 km und 60 km und ist deshalb auch oft bei bekannten Marathons (42 km) im Programm zu finden. Die Streckenlänge beim Zeitfahren hingegen beträgt zwischen 10 km und 20 km. Beide Disziplinen werden an nationalen und internationalen Meisterschaften ausgetragen und sind ebenfalls beide olympisch.

Abb.1

Start der Handbiker
Abb. 1: Handcycling Straßenrennen. Messe-Frankfurt Marathon (2006)

Bemerkenswert bei den ausgetragenen Disziplinen sind die hohen gefahrenen Geschwindigkeiten, so dass von einem hohen Leistungsniveau der Sportler 8 ausgegangen werden kann. Gerade beim Zeitfahren sind die Stundenmittel sehr hoch. So benötigte z.B. beim Einzelzeitfahren in Louny (Tschechien) der Sieger in der Leistungsklasse HCC gerade mal 28:41 min für 17 km, bei einem Stundenmittel von 35,74 km/h. Bei Straßenrennen liegen die Durchschnittgeschwindigkeiten je nach Terrain ebenfalls bei über 30 km/h.

2.3 Leistungsklassen

Obligatorisch wird die Sportart in Männer- und Frauenklassen eingeteilt. Hinzu kommen die Alterklassen der Jugend (U-17), Junioren (U-19) und der Erwachsenenklassen, letztere weisen ebenfalls eine Nachwuchswertung für jüngere Altersklassen (U-23) auf. Die Sportart wird hauptsächlich von Menschen mit unterschiedlichen Querschnittlähmungen betrieben. Aber auch Athleten mit Polio und Amputationen sind, wenn auch sehr wenig, vertreten. Um sportliche Fairness zu erzielen teilt man aufgrund dieser Verschiedenartigkeit an Behinderungen die Sportler in unterschiedliche Leistungsklassen ein. Bei Querschnittlähmungen unterscheidet man, je nach Schweregrad der Lähmung, zwischen den Leistungsklassen HCA, HCB und HCC (Abb. 2). Sportler, die beispielsweise der HCA-Leistungsklasse angehören, weisen eine Querschnittlähmung an der Halswirbelsäule auf und haben somit die größte Bewegungseinschränkung unter den Handbikesportlern. Sportler der Leistungsklasse HCC (Fraktur ab dem 11. Brustwirbel) haben hingegen die geringste Bewegungseinschränkung aufzuweisen.

Die Einteilung in die Leistungsklassen wird durch sogenannte Klassifizierer vorgenommen. Somit können auch andersartige Behinderungen, wie z.B. Polio, Spina Bifada und Amputationen fair in die drei Leistungsklassen eingeteilt werden:

  • Leistungsklasse HCA: Fraktur im Halswirbelbereich
  • Leistungsklasse HCB: Fraktur zwischen dem 1. und 10. Brustwirbel
  • Leistungsklasse HCC: Fraktur ab dem 11. Brustwirbel abwärts

Abb.2


Abb. 2: Die Leistungsklassen HCA, HCB und HCC. Bearbeitet aus:
Der Körper des Menschen. Faller, S.132 (1999)

2.4 Das Handbike

Der Aufbau des Handbikes selbst unterscheidet sich heutzutage etwas von dem eines Rollstuhls. Wenn auch gleich der Sportler in einer Sitzvorrichtung Platz nimmt ist doch der Abstand zum Boden geringer und somit der Körperschwerpunkt deutlich abgesenkt. Dies kommt daher, dass die zwei hinteren Laufräder nicht unter, sondern hinter der Sitzposition, ähnlich wie bei einem Liegerad angebracht sind. Je nach Handbiketyp (Abb.3) sind die Beine ausgestreckt oder angewinkelt. Der niedrige Schwerpunkt des Handbikes trägt nicht nur zur Verbesserung des Strömungswiederstandes bei sondern wirkt sich ebenfalls positiv auf die Fahrstabilität aus, was sich vor allem bei den höheren Kurvengeschwindigkeiten bemerkbar macht.
Im Handcycling unterscheidet man zwischen vier wettkampfspezifischen Handbiketypen. Weitere Typen aus dem Freizeit- und Breitensportbereich sollen 10 zwecks der Untersuchung von Bundeskaderathleten in dieser Magisterarbeit nicht aufgeführt werden

Abb.3


Abb. 3: Arm Power versus Arm-Trunk-Power. Handbikes. Breukelen (2001)
Der Antrieb erfolgt bei allen vier Handbiketypen ähnlich wie bei einem herkömmlichen Fahrrad über zwei Kurbeln, die jedoch parallel zu einander stehen und mit den Armen angetrieben werden. Die an der Kurbel befestigten Kettenblätter laufen über einen Kettenantrieb zum vorderen Rad des Handbikes, mit dem auch gleichzeitig gelenkt wird. Bei genauerem Betrachten weisen die Handbiketypen jedoch unterschiedliche Sitzpositionen auf. Während bei Typ 1 und Typ 2, auch Liegebike genannt, die Wirbelsäule fast vollständig durch den Sitz fixiert wird, kommt es bei Typ 3 (Sitzbike) und Typ 4 (Kniebike) zu einer Destabilisierung ab Höhe des Sakral- und Lendenbereichs aufwärts. Dem zu folge erkennen wir, dass bei Typ 3 und Typ 4 neben der aufzubringenden Armkraft ein zusätzlicher energetischer Aufwand (ATP) durch die Bewegung des Oberkörpers hinzukommt. Man unterscheidet deshalb zwischen dem Arm-Power- und Arm-Trunk-Power- Bewegungsmuster. Gerade Sportler der Schadensklasse HCA, die eine Fraktur im Halswirbelbereich aufweisen, können ihren Sport nur auf Liegebikes des Typs 1 und Typs 2 ausüben. Athleten der Schadensklasse HCB und HCC, denen ein 11 Krafteinsatz des Oberkörpers möglich ist, können zusätzlich auf Typ 3 und Typ 4 zurückgreifen. Ob diese unterschiedlichen Bewegungsmuster der Leistungsklassen sich letztendlich auf das physische Leistungsniveau auswirken soll im späteren Verlauf dieser Arbeit geklärt werden.
In jeder Sportart wo ein Sportgerät von Nöten ist, geht es immer darum seine Effizienz beim Einsatz zu erhöhen, eine Symbiose zwischen Athlet und Sportgerät zu schaffen die zum besten Ergebnis führt. Das ist im Handcycling nicht anders und so sind mittlerweile ein gutes Dutzend Handbike Hersteller in Deutschland damit beschäftigt das Sportgerät ständig zu optimieren. Gerade an den im Wettkampf am häufigsten verwendeten Geräten, dem Sitz-, Liege- und Kniebike, sollen große Veränderungen zu finden sein.

2.5 Trainingsmethodik

2.5.1 Trainingsumfang

Handcycling gehört wie der Radsport, Langlauf und Marathon zu den Langzeitausdauersportarten. Um zuerst eine aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit erzielen zu können sind hohe Trainingsumfänge notwendig. Bereits nach Saisonende im Oktober beginnt der Bundeskader Handcycling im Dezember/Januar mit dem Aufbau in Form eines Grundlagenausdauertrainings, was vor allem ein Training mit hohen Kilometerumfängen bedeutet. Die Handbiker legen dabei pro Trainingseinheit zwischen 50 km und 120 km zurück, was zeitlich zwischen 2,5 h und 5 h bedeutet. Zwei Trainingslager, die im Februar und April stattfinden, sollen weiterhin zu einer positiven Saisonentwicklung beitragen. Gerade in diesen Saisonvorbereitungsmonaten hat die Anzahl der gefahren Kilometer, die hauptsächlich im aeroben Trainingsbereich zurückgelegt werden, eine enorme Bedeutung. Hier setzt der Sportler den Grundstein für seine kommende Saison, auf den er weitere Trainingsvarianten aufbauen kann. Scheinbar hat auch im Handcycling diese Entwicklung der steigenden Trainingsumfänge in den letzten Jahren enorm an Bedeutung zugenommen.

2.5.2 Weitere Trainingsinhalte

Neben der Grundlagenausdauer, die ein Training mit hohen Kilometerumfängen voraussetzt, sind hauptsächlich drei weitere Trainingsinhalte von Bedeutung, die die Struktur und das Trainingsbild vervollständigen, sowie das Leistungsniveau der einzelnen Sportler verbessern sollen. Die wichtigsten Trainingsinhalte sind dabei hinzukommende Trainingsintensitäten (extensive und intensive Intervalle), das Krafttraining an Geräten, sowie ein alternatives Training.

Die unterschiedlichen Trainingintensitäten, auch als das spezielle Training bekannt, welche auf der Grundlagenausdauer aufbauen bilden somit den zweiten, umfangreichsten und wichtigsten Trainingsabschnitt der zur Steigerung des Leistungsniveaus eines Sportlers beitragen soll. Wie auch in anderen Sportarten kommen hier extensive und intensive Intervalle zum Einsatz. Ähnlich wie im Radsport unterscheidet man weiterhin zwischen Intervallen mit hohem Kraftaufwand (große Übersetzung) und Intervallen mit hoher Frequenz (niedrige Übersetzung) welche man in Schnellkraft, Kraftausdauer und Schnelligkeitsausdauer unterteilt. Die Durchführung dieser Trainingsinhalte ist sehr variantenreich und komplex. Die Hauptvariabeln sind dabei Zeit, Puls-, Wattleistungen und Frequenz, bzw. die Dauer der Intensität, die Pause zwischen den Intensitäten, individuelle Puls- und Wattbereiche der Sportler, sowie die Umdrehungszahl/Frequenz der Handbikekurbel. Der individuelle Puls- und Wattbereich des Sportlers wird nach einer sportmedizinischen Leistungsdiagnostik mit dem Sportarzt festgelegt. Die Umdrehungszahl der Handbikekurbel liegt der Empirie der Trainingslehre zu Grunde. Hauptziel des Trainings ist die Optimierung des physiologischen Leistungsniveaus, das auf dem Grundlagenausdauertraining aufbaut. Dabei wird versucht, die Effizienz des Herzkreislaufsystems zu erweitern, sowie eine muskuläre Weiterentwicklung zu erzielen. Beim Training von Intervallen wird häufig die individuelle anaerobe Schwelle (IAS) als Anhaltspunkt verwendet. Die Laktatverträglichkeit kann durch das Training optimiert werden, was zu einer Zunahme der anaerob-laktaziden Ausdauerleistungsfähigkeit führt. Auf diese und noch weitere Veränderungen soll vor allem im zweiten Teil der Magisterarbeit, der sportmedizinischen Untersuchung, näher eingegangen werden. Beim Krafttraining an Geräten unterscheidet man zwischen dem Training der sportartspezifischen Muskelgruppen und jener 13 Muskelgruppen die in der Sportart vernachlässigt werden. Letztere werden zur Erzielung einer besseren Körperstabilität trainiert, als auch zur Prävention von Haltungsschäden. Beim Training der sportartspezifischen Muskelgruppen werden häufig Maximalkraft und Explosionskraft trainiert. Ziel dieses Trainings ist jedoch nicht nur die zwangsläufige Vergrößerung des Muskelquerschnitts und ein Zuwachs an Schnellkraft, sondern vielmehr eine Verbesserung des Nerv-Muskel- Zusammenspiels (neuronale Adaption). Zum einen wird durch die Durchführung des Krafttrainings versucht, möglichst viele der vorhandenen Muskelfasern zu aktivieren, was eine Erhöhung der intramuskulären Koordination zur Folge hat, zum anderen wird angestrebt, das Zusammenspiel zwischen den beteiligten Muskeln, der intermuskulären Koordination, zu verbessern. Das Krafttraining an Geräten wird hauptsächlich in den ersten Monaten des Saisonbeginns betrieben und während der Saison reduziert.
Das alternative Training wird auch oft als Abwechslung von der Hauptsportart beschrieben. Hierbei handelt es sich meist um Sportarten anderer Herkunft, wie z.B. Schwimmen, Tennis und Basketball. Die Durchführung dieses Trainings hat psychologische sowie trainingsspezifische Gründe. Um einerseits eine auftretende Monotonie der Hauptsportart zu vermeiden und Motivationsproblemen entgegen zu wirken, wird dieses Training oft durchgeführt. Gerade in der Saisonpause wird das Training auch oft als aktive Erholung gesehen und angewandt. Anderseits sollen auch Muskelgruppen, ähnlich wie im Krafttraining, die in der Hauptssportart vernachlässigt werden, trainiert werden.

2.6 Die Sportmedizinische Untersuchung

2.6.1 Allgemeine Vorbemerkungen

Sportmedizinische Untersuchungen, soweit sie sich nicht mit dem Stütz- und Bewegungsapparat beschäftigen, hatten ursprünglich das Ziel, Erkrankungen, die eventuell eine Kontraindikation für eine sportliche Belastung darstellen oder die sportliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, zu erkennen oder auszuschließen (Dickhuth, 2000).
Hieraus entwickelte sich eine Zusammenstellung mehrerer Untersuchungsverfahren, 14 die heute als gewisser Standard für eine Gesundheitsuntersuchung gelten. Diese wird vor allem bei Leistungssportlern, aber auch bei Freizeit- und Breitensportlern in der Prävention und Rehabilitation angewandt. Ziel der Gesamtuntersuchung ist es, den körperlichen Gesundheitszustand aufzuzeigen, das Leistungsvermögen der Sportler aufzudecken, sowie anhand von Leistungsparametern in die Trainings- und Wettkampfsteuerung eingreifen zu können.

Wie schon erwähnt setzt sich eine sportmedizinische Untersuchung, bzw. Gesundheitsuntersuchung aus mehreren Untersuchungsschritten zusammen:

  • Anamnese
  • körperliche Grunduntersuchung
  • Labor (Blut- & Urinentnahme)
  • Blutdruckmessung - Elektrokardiogramm
  • Echokardiogramm
  • Röntgen
  • Lungenfunktion
  • Belastungsuntersuchung (Handbikeergometrie)
  • Abschlussbesprechung mit dem Sportarzt

Zur Auswertung der physiologischen Leistungsparameter der Handbiker wurden für diese Studie ausschließlich die Messergebnisse aus der Belastungsuntersuchung entnommen. Hier ist durch die kardiopulmonale und muskuläre Belastung die Leistungsfähigkeit der Sportler am besten erkennbar. So können bestimmte Parameter in Ruhe noch normal sein, während unter Belastung die Funktionseinschränkung bemerkbar wird (Dickhuth 2000).

Je nach Sportart wird eine unterschiedliche Belastungsuntersuchung durchgeführt. Beim Handcycling wird ein Leistungstest, ähnlich wie bei einem Fahrradergometer, auf einem Handbikeergometer durchgeführt. Die modernen Ergometer werden dabei elektromagnetisch gebremst und sind drehzahlenunabhängig. Die eingestellte Last, bzw. die Leistung, die der Sportler erbringen muss wird dabei in Watt angegeben. 15 Die Sportmedizin Freiburg führt dabei seit Beginn der Handbikeergometrien eine Belastungsform mit einer Anfangsbelastung von 20 Watt, einer Stufendauer von 3 Minuten, sowie einer Steigerung um 20 Watt pro Stufe durch.

2.6.2 Messgrößen

Die erbrachte Wattleistung ist die einfachste und zuverlässigste Messgröße. Objektiv und subjektiv kann beurteilt werden, ob eine körperliche Ausbelastung stattgefunden hat oder nicht. Die maximale Wattleistung, sowie weitere Wattgrößen, sollten jedoch immer in Bezug auf das Körpergewicht des Probanden in Watt/kg angegeben werden. Schließlich ist z.B. die gleiche maximale erbrachte Leistung von 250 Watt bei einer Person mit 60kg höher zu bewerten, als bei einer Person mit 80kg. Weitere Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Körpergröße, Belastungsform und Umgebungsbedingungen sind ebenfalls Variabeln, welche in die erzielte Leistung mit einfließen. Eine antrainierte oder angeborene maximale Leistungsfähigkeit beginnt bei Männern bei etwa 3,5 Watt/kg, bei Frauen bei 3,0 Watt/kg. Inwieweit diese Angaben auf das Handcycling übertragbar sind, wird im Laufe der Arbeit noch überprüft werden.

Um die erbrachte Leistung des Belastungstests noch expliziter zu beurteilen werden weitere Untersuchungsverfahren während der Handbikeergomtrie durchgeführt:

Belastungs-EKG: unter Belastung erfüllt das EKG mehrere Aufgaben. Es ermöglicht die Bestimmung einer genauen Pulsfrequenz und es können Rhythmusstörungen und Durchblutungsstörungen des Herzens erkannt werden. Da das Herzfrequenzverhalten aber sehr variabel ist (Alter, Geschlecht, Trainingszustand und Umgebungsbedingungen), sollte es immer mit anderen Einflussgrößen in Bezug gebracht werden. Wichtig ist, das im submaximalen Arbeitsbereich eine annähernd lineare und direkte Proportionale Beziehung zwischen Herzfrequenz und der Leistung besteht (Dickhut, 2000).

Spiroergometrie: sie dient zu Messung der Gaskonzentration der Atemluft. Hierbei können die O2 Aufnahme, die CO2 Abgabe, sowie deren Maximalwerte gemessen werden. Beide Konzentrationen werden dabei in Milliliter in einer Belastungsminute 16 pro kg Körpergewicht (ml/min/kg) angeben. Durch die Ermittlung des respiratorischen Kompensationspunktes (RCP) kann, wie auch bei der Laktatmessung, die individuelle anaerobe Schwelle ermittelt werden. Durch Laktatanfall, bzw. Akkumulation kommt es zu einer metabolischen Azidose mit der Folge einer vermehrten Atmung und damit zu einem Abfall der CO2 Konzentration. Dieser Punkt der Abnahme wird als RCP bezeichnet. Auch die Atemfrequenz, sowie das Atemminutenvolumen, die mit Steigerung der Belastungsintensität zunehmen, liefern weitere zusätzliche Informationen. Bei Belastungstests erfolgt die Messung der Gaskonzentration über eine Atemmaske, die der Sportler während der Ergometrie trägt.

Laktatmessung: während der ansteigenden Belastungsintensität des Stufentests kommt es zu einer Zunahme der anaerob-laktaziden Energiebereitstellung des Muskels. Die Energiebereitstellung (ATP) über die Zellatmung (Glycolyse, Citratzyklus, Atmungskette und der oxidativen Phosphorylierung) unter Verbrauch von respiratorisch aufgenommenem Sauerstoff reicht nun nicht mehr aus.

Abb.4

Laktat
Abb. 4: Entstehung von Laktat. Biologie. Campell, Neil A., S. 192 (2000)
Der menschliche Körper hat aber auch die Möglichkeit die Energie die er benötigt anaerob bereitzustellen. Jedoch entsteht hier in einem Stoffwechselweg Laktat (Abb. 17 4) welches das Anion zur Milchsäure bezeichnet wird und sich im Blut anreichert. Das Pyruvat, welches das Endprodukt der Glycolyse darstellt, wird von NADH unmittelbar zu Laktat reduziert ohne das CO2 als Abfallprodukt entsteht (Campell, 2000).
Eine Basiskonzentration von Laktat im Blut ist jedoch immer vorhanden. Sie liegt bei etwa 1mmol/l. Anfangs der ergometrischen Belastung ist die Basiskonzentration nahezu unverändert. Der erste Anstieg der Laktatkonzentration aufgrund der zunehmenden anaerob-laktaziden Belastung wird als „lactate treshold“ (LT) bezeichnet, der auch die Grenze der aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit darstellt. Schon hier setzen Regulationsmechanismen ein, wie z.B. die Pufferung des Blutes, die einen schnellen Anstieg des Laktats vermeiden sollen. Dies ist jedoch bei steigender Belastungsintensität nicht mehr möglich und so kommt es an einem individuellen Zeitpunkt zur Überschreitung der Kompensationsfähigkeit (maximales steady state), welche auch als individuelle anaerobe Schwelle (IAS) bezeichnet wird. Ab diesem fließenden Übergang führt die anaerob-laktazide Belastung zu einer fortschreitenden Azidose. Der Laktatwert der IAS ist ebenfalls abhängig von der Belastungsstufendauer, der Masse der eingesetzten Muskulatur, des Basislaktats, sowie weiteren Faktoren. Die beiden Grenzen der IAS und des LT’s dienen in der sportmedizinischen Untersuchung als Anhaltspunkt in Bezug auf den Eingriff in die Trainingssteuerung der Sportler. Hier werden aerobe Ausdauerbelastungen, sowie intensive und extensive Bereiche für aerobe und anaerob-laktazide Belastungen festgelegt. Die Abnahme des Laktats während des Leistungstests erfolgt bei Handbikern immer am Ende einer Belastungsstufe durch eine Blutabnahme am Ohrläppchen mit einem kleinen Kapillarröhrchen.

2.6.3 Belastungstest am Beispiel eines Handbikers

Die eben beschriebenen Messgrößen werden nach einer Handbikeergometrie tabellarisch und grafisch ausgewertet (Abb. 5 bis Abb. 7), was wir an einem Beispiel kurz verdeutlichen wollen.
Eine ausgewählte Ergometrieauswertung eines Handbikers, ebenfalls Bundeskaderathlet, aus dem Jahr 2006, zeigt zuerst die Laktat- und Herzfrequenzleistungskurve während der Belastungsuntersuchung (Abb. 5). Bei einem Körpergewicht von 76 kg und einer Stufendauer von 3 min, wurden maximal 18 220 Watt, bei einer maximalen Herzfrequenz von 185 Schläge/min und einem maximalen Laktat von 11, 48 mmol/l, geleistet. Dies entspricht einer relativen Leistung von 2,89 Watt/kg. Aufgrund des maximalen Puls- und Laktatwertes kann von einer Ausbelastung ausgegangen werden. In Abbildung 6 wurden die Messdaten der Laktat- und Herzfrequenzleistungskurve zur Übersicht tabellarisch noch einmal aufgeführt. In Abbildung 7 wurden Wattleistung, Laktat und Herzfrequenz an der lactat treshold (LT) und der individuellen anaeroben Schwelle (IAS) berechnet, sowie die Wattleistung, Wattleistung/kg und Herzfrequenz bei 2 und 3 mmoll/l Laktat. Letzteres soll bei Folgeuntersuchung zusätzlicher Anhaltspunkt sein und bei einer möglichen positiven wie negativen Entwicklung als Vergleich dienen.

Abb.5

Kurve


Abb. 5: Laktat- und Herzfrequenzleistungskurve eines Handbikers. Medizinische Uniklinik, Abt. Rehabilitative und Präventive Sportmedizin (2006)

Abb.6

Tabelle
Abb. 6: tabellarische Auswertung der Leistungsergometrie eines Handbikers. Medizinische Uniklinik, Abt. Rehabilitative und Präventive Sportmedizin (2006)

Abb.7


Abb. 7: Leistungsdaten eines Handbikers. Medizinische Uniklinik, Abt. Rehabilitative und Präventive Sportmedizin (2006)

In Bezug auf die Festlegung der Trainingssteuerung kann nun gesagt werden, dass der Bereich für die aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit des Sportlers beim LT bis zu 104,8 Watt bei einer Herzfrequenz von 144 Schlägen/min und einem Laktat von 0,89mmol/l reicht. Die IAS liegt bei 149,2 Watt bei einer Herzfrequenz von 162 Schlägen/min und einem Laktat von 1,9mmol/l. Mit diesen beiden Werten kann nun der Sportmediziner in die Trainingssteuerung eingreifen und, wie schon erwähnt aerobe Ausdauerbelastungen, sowie intensive und extensive Bereiche für aerobe und anaerobe Belastungen festlegen. Für den Sportler als Anhaltspunkt dienen hauptsächlich die Puls- und Wattwerte, die anhand von Herzfrequenz- und Wattmessgeräten während des Trainings überprüft und eingehalten werden können.

3. Untersuchungsablauf

Wie schon im Vorfeld erwähnt, besteht die Untersuchung der 15 Bundeskaderathleten aus zwei Teilen. Der erste Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Auswertung eines Fragebogens der an die Sportler versendet wurde. Er soll als gängige Datenerhebungsmethode zuerst statistische Grundregeln erfüllen und die Struktur der Probandengruppe aufzeigen. Danach folgt die Auswertung der drei wichtigsten Kerninhalte des Fragebogens, welche zusammen die technische Entwicklung der Sportart bilden: Trainings- und Wettkampfstruktur, sowie die Entwicklung des Handbikes. Die zweite Teiluntersuchung beschäftigt sich mit der Auswertung von physiologischen Leistungsparametern, die als Daten in der Medizinischen Uniklinik, Abt. für Rehabilitative und Präventive Sportmedizin, hinterlegt sind. Regelmäßige Leistungstests der Sportler anhand von Belastungsuntersuchungen ermöglichten es, Messergebnisse von Wattleistungen, Laktat, EKG-Werte und spiroergometrische Größen zu veranschaulichen und eine leistungsphysiologische Veränderung in dem untersuchten Zeitraum aufzuzeigen. Nachdem die beiden Teiluntersuchungen abgeschlossen und bewertet sind, sollen sie schlussendlich noch in einen Kontext gestellt und Zusammenhänge untersucht werden.
In diesem Abschnitt sollte weiter erwähnt werden, dass die eigens erstellten Diagramme in dieser Arbeit mit der Abkürzung Tab. für Tabelle aufgeführt werden. 21 Abbildungen die einen anderen Ursprung haben werden mit der Abkürzung Abb. betitelt.

4. Vorgehensweise der Datenerfassung

4.1 Probandenhomogenität

Um eine möglichst homogene Gruppe zu erhalten und um aussagekräftige Daten erfassen zu können wurden ausschließlich Sportler die zwischen dem Jahr 2000 bis einschließlich 2005 dem Bundeskader angehörten, bzw. bis heute noch angehören, ausgewählt. Ein wichtiger Punkt dabei war, dass die Sportler natürlich keine Neuensteiger waren, sondern eine leistungsorientierte Ausübung seit spätestens dem Jahr 2000 aufwiesen. Wie in Tabelle 1 ersichtlich, hatten alle Athleten zwischen den Jahren 1999 und 2000 mit einer aktiven und auch leistungsorientierten Aufnahme der Sportart begonnen. Zwischen den Jahren 1995 und 1997 gab es zwar schon 40% Aktive jedoch nur 6,7% Leistungsorientierte. Diese Angaben sind durch die Jungfräulichkeit der Sportart nicht verwunderlich. In den Jahren 1997 und 1999 stieg die Anzahl der aktiven Sportler auf 53,3%, die der leistungsorientierten Sportler auf 33,4% an. Betrachtet man die Ergebnisse der leistungsorientierten Sportler, lässt sich sogar der deutlich eintretende Aufschwung ab 1997/99 erkennen. Weiterhin zeigt sich, dass eine Aufnahme von Daten in die Langzeitstudie vor dem Jahr 2000 irrelevant gewesen wäre und dieses die Auswertung statistisch verfälscht hätte.
Wie bereits erwähnt werden die Handbiker in drei verschiedene Leistungsklassen eingeteilt. Auch die untersuchten Probanden gehörten verschiedenen Leistungsklassen (Tab. 2) an. Hierbei machten die Sportler aus der Leistungsklasse HCC mit 53% den größten Anteil aus. Danach folgte die Klasse der HCB mit 40%. Lediglich 7% waren aus der HCA vertreten. Somit zeigt sich, dass sämtliche Ergebnisse, die im weiteren Teil der Arbeit ausgewertet werden, in den Klassen HCC und HCB deutlich signifikanter sein werden, als die in der Klasse HCA.

Tab.1

Tab.2

4.2 Statistische Auswertung

Die Auswertung der Daten aus Fragebogen und Leistungsdiagnostik wurde mit der beschreibenden (deskriptiven) Statistik durchgeführt, deren Ziel es ist, die Ergebnisse sinnvoll zusammenzufassen um das Wesentliche klar und verständlich zum Ausdruck zu bringen. Die statistische Auswertung wurde unter Einhalt der drei Gütekriterien vorgenommen. Um das Skalenniveau möglichst hoch zu halten wurde die Datenauswertung neben der nominalskalierten Erfassung auch mit der Intervallund Rationalskala vorgenommen. Als Kenngröße bedient man sich vor allem am arithmetischen Mittelwert, der Spannweite (Range) und den Prozenträngen. Um schlussendlich eine Antwort auf die ausgewerteten Ergebnisse zu geben, sollen vor allem bei dem Vergleich von den Daten der Leistungsdiagnostik und des Fragebogens Hypothesen zum Einsatz kommen. Für die Formulierung sollen neben der einfachen Forschungs- und der statistischen Hypothese auch Zusammenhangshypothesen verwendet werden.

5. Die technische Entwicklung des Handcyclingsports

5.1 Beschreibung der Probandengruppe

Ob Freizeit-, Breiten- oder Leistungssport, das Handcycling scheint in erster Betrachtung eine männerdominierte Sportart zu sein. Dies schlug sich auch auf die Geschlechterverteilung bei unseren Kaderathleten nieder (Tab. 3). Mit 87% war der Männeranteil mit 13 von 15 Sportlern enorm hoch. Lediglich zwei Sportlerinnen konnten in die Studie aufgenommen werden. Jedoch sollte man nach Anblick dieser Verteilung nicht auf ein mangelndes Interesse am Handcycling seitens des weiblichen Geschlechts schließen, sondern sich auf weitere Statistiken berufen. Betrachtet man die Geschlechterverteilung von Querschnittgelähmten in Deutschland (Abb. 8), ist ein eindeutig höherer Männeranteil zu erkennen. Laut Bundesamt für Statistik waren im Jahre 1999 32,3% der Querschnittgelähmten Frauen (n=5198). Der Männeranteil lag mit 67,7% deutlich höher (n=10893).

Tab.3

Tab.3

Abb.8


Abb.8: Querschnittlähmungen in der BRD. Statistisches Bundesamt (1999).

Diesbezüglich kann festgehalten werden, dass es sich beim Handcycling nicht um eine männerdominierte Sportart handelt. Vielmehr lässt sich der hohe Männeranteil der Handbiker durch den deutlich höheren Anteil von querschnittgelähmten Männern in der BRD erklären.

Bei der Befragung der Sportler nach der Art der Behinderung zeigte sich eine deutliche Verteilung. In Tabelle 4 ist zu erkennen, dass mit einer Mehrheit von 80% die Sportart hauptsächlich von querschnittgelähmten Athleten betrieben wird. Die übrigen 20% waren von einer Polio-Erkrankung oder von Amputationen betroffen. Nach Aussagen des Bundestrainers für Behindertenradsport, Adelbert Kromer, sind seit 2006 vor allem im Nachwuchsbereich auch vermehrt Sportler mit Spina Bifida (offener Rücken) anzutreffen. In der untersuchten Probandengruppe fand sich jedoch keiner dieser Fälle.

Tab.4

Gerade bei Ausdauersportarten wird immer wieder vom „Besten Alter“ gesprochen. Doch in welchem Alter ist der Körper eines Sportlers am leistungsfähigsten? Betrachtet man Sportarten wie z.B. den Straßenradsport, so werden hier sportliche Höchstleistungen größtenteils im Alter von 30 Jahren und höher erbracht! Lance Armstrong, 7-facher Tour de France Sieger, erlangte seinen letzten Tour Sieg mit 35 Jahren. Der Querfeldeinspezialist Klaus Peter Thaler fuhr seinen letzten Weltmeistersieg mit 40 Jahren ein. Auch ein gesamtes Radteam, wie z.B. das TMobile Team, ging mit einem Altersdurchschnitt von 30,3 Jahren bei der Tour de France 2005 an den Start. Ähnlich zeigte sich auch die Altersverteilung des Handcycling Bundeskaders (Tab. 5), so dass man sie zuerst mit oben genannten Sportarten vergleichen wollte. Die meisten Teilnehmer (40%) fanden sich zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr. In der zweitgrößten Gruppe (20%) waren die Sportler zwischen 35 und 40 Jahre alt. Ebenfalls erstaunlich war die große Spannweite der Gruppe, die sich vom 25. bis 55. Lebensjahr erstreckte.

Tab.5

Altersverteilung

Eine weitere Statistik (Abb. 9), welche die Querschnittlähmungen in der BRD in Altersgruppen aufteilt, gab auch hier Aufschluss. So zeigte sich, dass laut Bundesamt für Statistik (Stand 1999), die in Deutschland größte von Querschnittlähmung betroffene Altersgruppe zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr zu finden war. Gerade in diesem Altersspektrum waren auch die untersuchten Athleten am häufigsten vertreten.

Abb.9

Altersgruppen
Abb. 9: Querschnittlähmungen nach Altersgruppen in der BRD. Statistisches Bundesamt (1999)

Somit erklärt sich der hohe Anteil von 35 bis 45 jährigen Handbikern und limitiert gleichzeitig die Vermutung, dass die Sportler in dieser Alterklasse am leistungsfähigsten wären. Es kann jedoch festgehalten werden, dass diese Sportart aufgrund der großen Spannweite der Alterklassen über ein langes Altersspektrum professionell betrieben werden kann.

5.2 Ergebnisse der Trainingsstruktur

5.2.1 Trainingsumfang

Anhand des Fragebogens wurden die Trainingsumfänge der Jahre 2000 bis einl. 2005 (Tab. 6) untersucht und die durchschnittliche Kilometerleistung (Training- und Wettkampfkilometer) der Sportler pro Jahr ermittelt. Wie im Vorfeld erwähnt, beginnt eine Saison immer im November/Dezember des Vorjahres und endet im Oktober des untersuchten Saisonjahres. Daten aus dem Jahre 2000 enthalten somit auch die beiden Monate aus dem Vorjahr 1999!
Durchschnittlich legte ein Handbiker in der Saison 2000 eine Strecke von 4495 km zurück. Die jährliche Steigerung der Kilometerleistung ist in Tabelle 6 kaum zu übersehen. Bereits in der Saison 2003 legte die Probandengruppe 7935 km zurück und erreichte im Folgejahr einen Höchstwert von 9228 km. Somit ist deutlich zu erkennen, dass sich der Trainingsumfang bei einem Zuwachs von 105% innerhalb von 4 Jahren mehr als verdoppelte. Im Jahr 2005 kam es dann zu einer Sättigung und einem Rückgang der Kilometerleistung auf 8455 km. Diesen begründete der Bundestrainer für Behindertenradsport, Adelbert Kromer, mit einer Umstrukturierung der Trainingsplanung. Für das Jahr 2005 galt es die Trainingsumfänge zu reduzieren, deren Intensitäten jedoch zu erhöhen. Die Steigerung des Trainingsumfangs von 88% bis 2005 ist trotz allem mehr als bemerkenswert und zeigt abermals eine positive Entwicklung aufgrund von professioneller Trainingsplanung in dieser Sportart. Unter Anwendung von gängiger Trainingslehre, die auf Basis einer Ausdauersportart beruht, war es das Ziel, eine große Leistungsoptimierung durch Erhöhung der Kilometerleistung zu erreichen. Um sich im Handcycling zu etablieren, spezielle Trainingsintensitäten auf der Grundlagenausdauer aufbauen zu können und sich letztendlich im Wettkampf durchzusetzen, spielt der Trainingsumfang für die Sportler eine große Rolle und ist mit dem Absolvieren von hohen Kilometerumfängen verbunden.

Tab.6

Tab.6

5.2.2 Trainingsinhalte

Aufgrund der großen Bedeutung der drei, in Kapitel 2.5.2 erwähnten Trainingsinhalte, wurde die Probandengruppe nach Ihrer Trainingsstruktur, regelmäßige Durchführung vorausgesetzt, während des untersuchten Zeitraumes befragt (Tab. 7).

Spezielles Training (Extensive und intensive Intervalle)

Lediglich 40% der Probandengruppe führte im Jahr 2000 ein spezielles Training durch. Jedoch stieg der Anteil über die Jahre kontinuierlich an. Im Jahr 2003 waren es bereits 86,7% und in den Folgejahren 2004 und 2005 wurden von 93,3% der Athleten ein spezielles Training mit dem Handbike durchgeführt.

Krafttraining an Geräten

Das Training an Geräten zeigte einen ähnlichen Verlauf wie das spezielle Training, jedoch waren seit Beginn des untersuchten Zeitraums im Jahre 2000 schon bereits 60% der Athleten damit zu Gange. Auch hier stieg der Anteil über die Jahre kontinuierlich an, so dass 2005 ebenfalls 93,3% der Sportler ein Krafttraining an Geräten durchführte.

Alternatives Training

Bei der Befragung nach einem alternativen Training zur Hauptsportart war die Resonanz bereits zu Beginn der Befragung sehr hoch. Im Jahre 2000 betrieben bereits 73,3% der Sportler alternative Sportarten neben dem Handcycling. In den Folgejahren 2001 bis 2005 stieg der Anteil noch auf 86,7% an.

Tab.7

Tab.7

Generell kann bei dieser Auswertung erkannt werden, dass in allen drei Trainingsbereichen eine positive Entwicklung aufgrund der vermehrten Aufnahme von Traininginhalten in das Trainingsprogramm stattgefunden hat. Gerade das spezielle Training erlebte den größten Zuwachs. Mit einer Zunahme der Durchführung von 40% auf 93,3% haben nun mehr als doppelt soviel der Probanden ein Intervalltraining in Ihr Trainingsprogramm aufgenommen. Auch die gestiegene Anwendung eines zusätzlichen Krafttrainings von 60% auf 93,3% ist bemerkenswert. Der schon Anfangs hohe Anteil an Sportlern, die ein alternatives Training durchgeführt haben, lässt sich aufgrund der Jungfräulichkeit der Sportart erklären. Laut Angaben der Athleten sind die meisten von ihnen durch andere Sportarten zum Handcycling gestoßen, die sie auch weiterhin, vor allem als alternatives Training, betreiben.

5.3 Ergebnisse der Wettkampfstruktur

5.3.1 Entwicklung des Wettkampfangebots

Wie bereits zu Anfang der Arbeit erwähnt, sind Handcycling Wettkämpfe am häufigsten im Programm bei internationalen Marathons zu finden. Die Strecken von etwa 42 km Länge eignen sich optimal für die Sportler zur Austragung eines Straßenrennens und sind international hoch besetzt. Es ist aber auch zu erkennen, dass seit der offiziellen Austragung der EM 2001, der WM 2002, sowie der Vertretung der Sportart bei den Paralympischen Spielen 2004, eigenständige Hancycling Wettkämpfe sich vermehrt in den Veranstaltungskalender drängen. Dazu gehören die Straßenrennen die auf Endsieg gefahren werden und die Zeitfahren. Die Straßenrennen haben dabei, wie schon erwähnt, meistens eine Länge zwischen 30 km und 60 km. Zeitfahren hingegen haben eine Streckenlänge zwischen 10 km und 20 km. Seit 2003 wird ein Handbike-Cup angeboten, der national (National Handbike Circuit) und international (European Handbike Circuit) in allen Leistungsklassen ausgetragen wird. Hier werden Punkte bei verschiedenen nationalen und internationalen Wettkämpfen vergeben und in einer Gesamteinzelwertung festgehalten. Ab 2007 will man sogar einen Schritt weiter gehen und zum Ersten mal eine Wertung, ausgetragen in 4 Wettkämpfen, für die Nachwuchsbereiche aufstellen, 32 sowie nationale Meisterschaften für diese Klassen austragen. Hier können Jugend-, Junioren- und junge Männerhandbiker erste Erfahrungen sammeln, sich messen und auf sich aufmerksam machen. Die Altersbereiche sollen dabei um die Klassen U-17, U-19 und U-23 erweitert werden.

Tab.8

Wettkampftabelle

Laut Veranstaltungskalender erhöhte sich das Angebot der Wettkämpfe, innerhalb der Jahre 2000 und 2005, auf etwa 40%. Dies erklärt wohl auch den Anstieg von gefahrenen Wettkämpfen der Probanden (Tab. 8) innerhalb dieses Zeitraums, der um 70,3% anstieg. Natürlich hängt diese Zunahme nicht nur allein mit dem gestiegenen Angebot der Veranstaltungen zusammen, vielmehr ist es abermals die gestiegene Professionalität der Sportart. Hier sind es die Sponsoren, Vereine und Verbände, die heutzutage den Sportlern die Teilnahme an auch weiter entfernten internationalen Wettkämpfen ermöglichen. So ist es durchaus möglich, dass Athleten unter anderem auch beim New York- oder Boston Marathon starten können.

5.3.2 Wettkampfleistungen

Aufgrund der deutlichen Verbesserung der Trainingsstruktur der Gruppe, siehe Kapitel 5.2, ist eine damit verbundene Erhöhung der Wettkampfleistungen natürlich naheliegend. Als bestes Beispiel dient hier ein Medaillenspiegel von internationalen Veranstaltungen (Tab. 9), an denen der untersuchte Bundeskader teilnahm. Dabei verglich man die beiden Weltmeisterschaften in Altenstadt (BRD) und Aigle (Schweiz), sowie die beiden offenen Europameisterschaften in Teplice (Tschechien) und Alkmaar (Niederlande). Aufgrund der fehlenden Frauenveranstaltungen wurden die EM 2001, sowie die Paralymics 2004 in der Erhebung der Daten vernachlässigt. Wir erkennen zuerst, dass das internationale Leistungsniveau der Deutschen sehr hoch ist. Von den insgesamt 10 ausgetragenen Handcycling Disziplinen in den verschiedenen Leistungsklassen während einer internationalen Meisterschaft war die deutsche Mannschaft durchschnittlich bei 6,5 Wettkämpfen in den Medaillenrängen! Eine Leistungsentwicklung über die Jahre hinweg ist ebenfalls zu erkennen. Einer Abnahme der Bronzeränge folgte eine Zunahme der Silberränge. Vergleicht man die beiden Weltmeisterschaften kam es zu einer Zunahme der Gold- und Silbermedaillen bei dem deutschen Bundeskader. Bei der WM 2006 errang die deutsche Handcycling Mannschaft erstmals den 1. Platz in der Nationenwertung.

Tab.9

Tab.9

Neben dem Medaillespiegel, der lediglich die Anzahl der gewonnen Wettkämpfe aufzeigt, benötigt man jedoch weitere Variabeln, die eine Zunahme der 34 Wettkampfleistung der Athleten besser zur Geltung bringt. Deshalb ist die Variable Zeit, die für die zurückgelegte Wettkampfstrecke benötigt wird, von großer Bedeutung. Sie ist maßgebend und gibt Aufschluss über das Leistungsvermögen der Sportler während des Wettkampfes und ermöglicht uns unterschiedliche Wettkampfjahre miteinander zu vergleichen und zu bewerten. Dabei sollten aber nicht alle Störvariabeln außer Acht gelassen werden. Um aussagekräftige Ergebnisse zu liefern musste vor allem die Topografie und Streckenlänge miteinander vergleichbar, wenn nicht sogar identisch sein. Genau hier wurde eine Auswertung, die sich nur auf die Probandengruppe bezogen hätte nahezu unmöglich. Hier wären die Ergebnisse aufgrund der vielen Störvariablen nicht aussagekräftig gewesen. Die 15 Probanden der Studie zeigten zwar über die Jahre hinweg immer höhere Durchschnittgeschwindigkeiten bei Wettkämpfen, jedoch fiel ein Vergleich untereinander aufgrund von zu unterschiedlich gefahrenen Wettkämpfen schwer. Hinzu kam das Problem, dass gerade bei nationalen, sowie internationalen Meisterschaften der Austragungsort Jahr für Jahr wechselte. Somit war auch die Länge und Topografie der Straßenrennen und Zeitfahren immer unterschiedlich.

Festzuhalten bleibt jedoch, dass neben der Verbesserung von Platzierungen die Probandengruppe während des untersuchten Zeitraums eine positive Entwicklung der Durchschnittgeschwindigkeit bei Wettkämpfen aufwies. Um trotz allem die großen Entwicklungsschritte der zurückgelegten Geschwindigkeiten der letzten Jahre aufzeigen zu können, werden im nächsten Kapitel die internationalen Wettkampfleistungen genauer dargestellt

5.3.3 Exkurs: Entwicklung von internationalen Wettkampfleistungen

Betrachtet man internationale Ergebnisse der letzten Jahre, sind vor allem die beachtlich gestiegenen Durchschnittsgeschwindigkeiten in den Wettkämpfen zu beobachten. Dieser Anstieg der Wettkampfleistung soll nun anhand von zwei Beispielen verdeutlicht werden. Zum einen am Zeitfahren in tschechischen Louny (Tab. 10 bis Tab. 14), sowie dem Handcyclingstraßenrennen beim Köln Marathon (Tab. 15 & Tab. 16).

Zeitfahren Louny - Ergebnisse Männer – Streckenlänge: 17km

Tab.10

Tab.10

Tab.11

Tab.11

Tab.12

Tab.12

Zeitfahren Louny - Ergebnisse Frauen - Streckenlänge: 17km

Tab.13

Tab.13

Tab14

Tab.14

Köln Marathon - Ergebnisse Männer – Streckenlänge: 42,195km

Tab.15

Tab.15

Köln Marathon - Ergebnisse Frauen – Streckenlänge: 42,195km

Tab.16

Tab.16

Das Zeitfahren von Louny ist in der Handbikeszene sehr bekannt. Es ist international hoch besetzt, alle Leistungsklassen sind startberechtigt und es war im Jahre 2006 sogar Austragungsort der Europameisterschaften im Handcycling. Zwischen dem ersten ausgetragen Zeitfahren im Jahre 2004 und dem in 2006 war in fast allen Klassen eine positive Entwicklung in Bezug auf die Durchschnittsgeschwindigkeit zu erkennen. So legten die Männer der Leistungsklasse HCA und HCB im Jahr 2006 eine Durchschnittsgeschwindigkeit zurück, die um 3,84 km/h, bzw. 4,36 km/h höher war als im Jahr der ersten Austragung. Bei den Männern der Leistungsklasse HCC konnte man keine nennenswerte Veränderung feststellen, hier war in allen Jahren die Geschwindigkeit sehr hoch. In den beiden Frauenklassen hingegen kam es ebenfalls zu einer Erhöhung der Durchschnittgeschwindigkeiten. Die Leistungsklasse FB verbesserte sich um 2,63 km/h, FC konnte die Durchschnittgeschwindigkeit sogar um 4,88 km/h ausbauen. Erstmals sind hier auch die unterschiedlichen Leistungsniveaus der verschiedenen Leistungsklassen HCA, HCB und HCC zu erkennen. Es ist ersichtlich, dass das Leistungsniveau bei Frauen und Männern mit zunehmender Behinderung deutlich abnimmt.

Durch sein längeres Bestehen gibt uns der Köln Marathon die Möglichkeit ein größeres Jahresspektrum abzugreifen und verdeutlicht noch einmal mehr die Leistungsentwicklung der Sportart. In der Männerklasse kam es innerhalb der 38 untersuchten Jahre zu einem Anstieg der Durchschnittsgeschwindigkeit um 6,07 km/h, in der Frauenklasse waren es sogar 11,01 km/h.

Es kann festgehalten werden, dass es in nahezu allen Leistungsklassen zu einem deutlich erkennbaren Anstieg des Leistungsniveaus gekommen ist. Es zeigt sich ebenfalls, dass gerade die Frauenklasse aufgrund der höheren Geschwindigkeitsanstiege in den letzten Jahren aufgeholt und damit eine größere Entwicklung erlebt hat. Schaut man wieder auf unsere untersuchten Probanden zurück ist ebenfalls zu erkennen, dass die Athleten des Bundeskaders größtenteils in diesen Wettkampfergebnissen auf den vorderen Rängen zu finden sind. Damit lässt sich die Entwicklung der gestiegenen Durchschnittsgeschwindigkeiten auch auf die den deutschen Handbike Bundeskader ableiten, der die nationale Ebene vertritt. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass gerade die Verbesserung der Trainings- und Wettkampfstruktur einen solchen Anstieg hervorgerufen hat. Jedoch sollten noch weitere Einflussgrößen, wie die im nächsten Kapitel untersuchte Entwicklung des Handbikes, eine große Rolle spielen.

5.4 Entwicklung des Handbikes

Die Probanden konnten in den letzten Jahren viele Entwicklungsschritte beobachten, die zu einer positiven Entwicklung des Sportgeräts führten. Die wichtigsten Erkenntnisse sollen nun aufgeführt werden.

5.4.1 Ergonomieverbesserungen

Durch die Möglichkeit bei den aktuelleren Liegebikes (Abb. 10) die Rückenlehne verstellen zu können, erlangten viele Sportler eine bessere Sitzposition, wodurch sie vor allem eine wichtige Fixierung des Rückens erhielten. Ebenfalls kann man die Kurbel nun vertikal justieren, was ebenfalls zu einer Verbesserung der Ergonomie beigetragen hat. Der Athlet kann seine individuelle Position der Kurbel einstellen und so die bestmöglichste Kraftübertagung der Armmuskulatur auf sein Sportgerät erzielen.

Abb.10

Bike
Abb. 10: Shark Liegebike. Shark Seating Promo, S. 3 (2007)

Betrachtet man ältere Modelle von Liegebikes ist vor allem eine deutliche Absenkung des Sportgeräts zum Boden zu erkennen. Dadurch senkte sich auch der Körperschwerpunkt (KSP) der Sportler ab, was zu einem reduzierten Strömungswiederstand und einer Verbesserung der Aerodynamik führte. Die Absenkung des Bikes und dem KSP wirkt sich natürlich auch auf die Fahreigenschaften aus. Höhere Kurvengeschwindigkeiten, sowie ein besseres Handling der Bikes konnte somit erzielt werden. Das Absenken der Handbikes war auch bei den Knie- und Sitzbikes zu beobachten.

5.4.2 Erhöhung der Steifigkeit

Durch die Veränderung von Rahmengeometrien und durch den Einsatz neuer Materialen berichteten viele Athleten von einer höheren Steifigkeit der Handbikes. Vorteile sind auch hier eine bessere Fahrstabilität, bessere Kurveneigenschaften, sowie die Gewährleistung, dass bei einer Kraftübertragung weniger Energie als zuvor verloren geht. Auch die Verwendung von Karbon, was in der Fahrradindustrie seit einigen Jahren boomt, machte auch vor den Handbikes nicht halt.

Abb.11

Kniebike
Abb. 11: Foto: Kniebike. Trainingslager Mallorca (2007)

Abb.12

Liegebike
Abb. 12: Foto: Liegbike. Trainingslager Mallorca (2007)

Der Werkstoff wird als sehr effizient in Bezug auf seine Leichtigkeit und Steifigkeit beschrieben und zeigt bessere Eigenschaften wie herkömmlich verwendete Materialien, wie z.B. Stahl und Aluminium. Es wird bis jetzt aber hauptsächlich für den Antrieb, bzw. für die Laufräder und kleinere Anbauteile am Handbike verwendet. Ein Rahmen aus Karbon gibt es bis dato nicht!

5.4.3 Fallende Gewichte

Das wohl am interessantesten zu beobachtende Merkmal war die Entwicklung des Handbikegewichts. Hier war die Veränderung am einfachsten und am besten zu erkennen (Tab. 17 & Tab. 18). Da die untersuchten Probanten größtenteils mit Knieund Liegebike unterwegs waren, beschränken wir uns auf diese beiden Handbiketypen (Abb. 11 & Abb. 12).

Tab.17

Tab.17

Tab.18

Tab.18

Das Kniebike konnte die größte Gewichtsreduzierung erleben. Von Anfangs 18,25 kg reduzierte sich das Gewicht, innerhalb der Jahre auf 11,7 kg. Das Liegebike erreichte 14,59 kg, bei anfänglichen 16,42 kg. Für unsere Probanden bedeutete dies eine Gewichtsreduzierung bei den Kniebikes von 35,9% und bei den Liegebikes von 11,1%. Diese Gewichtsreduzierungen sind sehr hoch einzuschätzen, gerade weil es sich um Mittelwerte von verschiedenen Handbike Modellen handelt und nicht jeder Proband ein Leichtgewicht als Handbike besaß. Aktuellen Daten zufolge hat das Kniebike und das Liegebike bereits die 10 kg Marke unterschritten! Dieser Wert verdeutlicht noch einmal mehr welche Entwicklung das Handbike in Bezug auf das Gewicht erfahren hat.

Es ist nicht zu übersehen welche großen Entwicklungsschritte seit dem Beginn der Sportart Mitte der 1990er Jahre getätigt wurden. Das Zusammenspiel zwischen verbesserter Ergonomie, Steifigkeit und der Gewichtsreduzierung macht aus dem heutigen Handbike ein hochentwickeltes Sportgerät. Eine Weiterentwicklung ist nicht 43 auszuschließen. Immer leichtere und steifere Materialien wollen eingesetzt werden, um das Handbike ständig optimieren zu können. Es soll auch schon bei einigen Herstellern an einem Karbonrahmen gearbeitet werden und so können in nicht allzu ferner Zukunft Handbikes mit einem Gewicht weit unter 10 kg keine Seltenheit mehr sein.

5.5 Ergebnisse der Fragebogenauswertung

Betrachtet man die Ergebnisse von internationalen Wettkämpfen bleibt festzuhalten, dass die Probanden des Bundeskaders einen hohen internationalen Leistungstand aufwiesen, den sie bis heute weiter ausbauen konnten, somit Konkurrenzfähig blieben und vor allem bei hoch besetzten Wettkämpfen ihn immer wieder abrufen und unter Beweis stellen konnten.

Durch die Fragebogenauswertung konnte festgestellt werden, dass diese Entwicklung, die zu einem solch hohen Leistungszustandes führte durch mehrere Entwicklungsfaktoren eingetreten ist.
Innerhalb der untersuchten 5 Jahre kam es zu einer deutlich positiven Entwicklung einer professionellen Trainingsstruktur, dem Ausbau von Wettkampfstrukturen, sowie der großen Weiterentwicklung des Sportgeräts. Dies sind die bedeutendsten Einflussfaktoren, die zur Entwicklung des Leistungsniveaus im deutschen Handcycling beigetragen haben. Welche dieser Entwicklungsfaktoren davon mehr Einfluss auf die gestiegenen Wettkampfleistungen und damit das Leistungsniveau der Athleten hatte ist dabei schon etwas schwieriger einzuschätzen und sollte im späteren Verlauf der Arbeit noch einmal aufgeführt werden. Es war jedenfalls ersichtlich, dass vor allem die Optimierung des Trainings eine große Entwicklung zeigte. Ein Zuwachs der Kilometerleistungen von 88%, sowie die Optimierung der Trainingsstruktur durch die vermehrte Aufnahme von Trainingsinhalten in das Trainingsprogramm innerhalb der untersuchten 5 Jahre gaben dazu Anlass. Aber auch die Weiterentwicklung des Handbikes im Hinblick auf Ergonomie, Steifigkeit und Gewichtreduzierung darf als großer Entwicklungsschritt gesehen werden.
Abschließend sollte festgehalten werden, dass sich bei der Auswertung des Trainingsumfangs und der Trainingsinhalte im Jahr 2005 eine Sättigung einstellte, was auf eine ausgereifte Trainingsstruktur schließen lässt.

6. Entwicklung physiologischer Leistungsparameter

Nachdem die Fragebogenauswertung als abgeschlossen betrachtet werden kann, widmen wir uns nun der Entwicklung der physiologischen Leistungsparameter. Um eine physiologische Entwicklung der untersuchten Sportler betrachten zu können, bezog man sich auf Messdaten der sportmedizinischen Leistungsdiagnostik. Seit dem Bestehen des Handbike Bundeskaders unterziehen sich die Sportler, unter Leitung von Bundestrainer Adelbert Kromer regelmäßig einer sportmedizinischen Untersuchung in der medizinischen Uniklinik Freiburg. In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Andreas Schmid und der Abteilung für Rehabilitative und Präventive Sportmedizin wurden die Messergebnisse für die Langzeitstudie der Handbiker zur Verfügung gestellt.

6.1 Datenauswertung der Belastungsuntersuchung (Handbikeergometrie)

Im Folgenden werden nun die erfassten und ausgewerteten Untersuchungsdaten der Handbikeergometrien der Probanden aufgeführt. Abweichend zum Fragebogen beschränkte man sich hier auf die Jahre 2001 bis einschließlich 2005. Im Jahr 2000 waren zu wenige Messergebnisse vorhanden um sie aussagekräftig in die Untersuchung mit einfließen lassen zu können. Ebenfalls werden wir uns auf die Auswertungen der Leistungsklasse HCB und HCC beschränken. Auch hier waren die Datenmengen, wie auch die Anzahl der Probanden der Klasse HCA nicht ausreichend!

6.1.1 Körpergröße und Gewicht

Zuerst sollte kurz auf die zwei metrischen Daten, die Körpergröße und das Körpergewicht (Tab. 19) eingegangen werden, sowie auf die Unterschiede in den beiden Leistungsklassen. Der Größenunterschied beider Klassen betrug im Mittel 9 cm. Bei dem Gewicht hingegen war es lediglich ein Unterschied von 2,97 kg. Da sich das Körpergewicht im Laufe der Studie weder positiv noch negativ veränderte, sondern lediglich minimalen Schwankungen ausgesetzt war, verzichtete man auf einen schematischen Verlauf innerhalb des untersuchten Zeitraums.

Tab.19

Tab.19

Im Hinblick auf den Body Mass Index (BMI) bleibt festzuhalten, dass sich beide Klassen auf einem sehr niedrigen Niveau bewegten. Bei der Klasse HCB errechnete sich ein BMI von 21,33 kg/m2 , bei der Klasse HCC waren es 22,6 kg/m2. Die Werte lassen Rückschlüsse auf einen guten körperlichen Trainingszustand zu. Aber auch Einschränkungen aufgrund der Behinderung, wie z.B. die fehlende Muskulatur 46 abwärts einer Querschnittlähmung, spielen hierbei ein wichtige Rolle. Auch der BMI Unterschied beider Klassen, wo man zuerst ein vorteilhaftes Leistungsgewicht der Klasse HCB vermutet, ist eher auf den höheren Grad der Behinderung und den Mehranteil der fehlenden Muskelmasse der Leistungsklasse HCB zurückzuführen.

6.1.2 Ruhepuls und Ruhelaktat

Der Ruhepuls eines trainierten Ausdauersportlers liegt im Regelfall unter 60 Schläge/min, in Sonderfällen kann er sogar bis auf 35 Schläge/min und niedriger absinken. Betrachtet man den Ruhepuls der Handbiker, ist eine Trainiertheit im Ausdauerbereich durchaus zu erkennen. Der Ruhepuls schwankte innerhalb der untersuchten Jahre jedoch beachtlich (Tab. 20)! In beiden Klassen war der gemessene Ruhepuls im Jahr 2001 nahezu identisch. Auch das Absinken in den beiden Jahren 2002 und 2004 war in beiden Klassen zu erkennen. Anders als vielleicht erwartet, zeigte sich in der letzten Untersuchung sogar ein leichter Anstieg des Ruhepulses im Vergleich zum Erstjahr. Ein konstantes Absinken über die Jahre hinweg war nicht zu erkennen.
Betrachtet man Entwicklungsstudien aus anderen Ausdauersportarten, so ist mit größer werdenden Trainingsumfängen und Trainingsintensitäten, bzw. eine Zunahme der Ausdauerleistungsfähigkeit, ein Absinken des Ruhepulses zu erkennen. Der schon relativ niedrige Ausgangswert im Jahre 2001 erklärt sich daraus, dass die Probanden auch schon in den Jahren zuvor sportlich aktiv oder leistungsorientiert tätig gewesen sind. Betrachtet man die Trainings- und Wettkampfkilometer (Tab. 6, S. 29) der Probanden, so ist im Jahre 2004 die Kilometerleistung und somit deren Ausdauerleistungsfähigkeit am größten. Es kann durchaus festgehalten werden, dass die Klasse HCB in diesem Jahr den niedrigsten, die Klasse HCC den zweitniedrigsten Pulswert aufweist. Generell zeigt sich eine Messung des Ruhepulses unmittelbar vor einem Leistungstest aber als schwierig und ist oftmals nur in einem großen Toleranzbereich aussagekräftig. Hier muss vor allem die Nervosität bei vielen Sportlern (Weißkitteleffekt) vor dem Leistungstest berücksichtigt werden, die hauptsächlich den Ruhepuls, wie auch den Blutdruck, deutlich ansteigen lässt.

Tab.20

Tab.20
Das Ruhelaktat, auch als Basislaktat bezeichnet, unterliegt im Gegensatz zum Ruhepuls keinen so großen Schwankungen durch äußere Stresseinflüsse während einer sportmedizinischen Gesamtuntersuchung. Es kann jedoch auch durch sportliche Vorbelastungen oder durch Krankheiten erhöht sein. Der Durchschnittswert des Basislaktats liegt bei etwa 1mmol/l und ist im späteren Verlauf des Leistungstests abhängig bei der Bestimmung der individuellen anaeroben Schwelle (IAS) und der Latate Treshold (LT).
In beiden Leistungsklassen kam es im untersuchten Zeitraum zu einem Absinken des Basislaktats (Tab. 21). Bei der Klasse HCB fiel das Basislaktat um 0,32mmol/l, von 1,67mmol/l auf 1,35mmol/l, was eine Abnahme von 19,2% bedeutete. In der Klasse HCC kam es sogar zu einer Abnahme von 41,1%. Hier sank das Basislaktat um 0,95mmol/l, von 2,31mmol/l auf 1,36mmol/l. Begründet werden kann das Absinken des Basislaktats durch einen verbesserten Trainingszustand der Probanden in Bezug auf ein geringeres Ansteigen des Laktats im Blut während der sportlichen Belastung, 48 sowie bessere regenerative Prozesse im Vorfeld, die zu einem schnelleren Laktatabbau führen.

Tab.21

Tab.21

6.1.3 Leistungsparameter an der Lactate Treshold (LT)

Wie im Vorfeld erwähnt, stellt der Lactate Treshold die Grenze für die aerobe Ausdauerleistung dar. Nach Überschreiten dieser Grenze werden erste Mechanismen des Körpers aktiv, um das Laktat, welches sich im Blut ansammelt zu puffern. Deshalb kann festgehalten werden: Je länger ein Sportler während der Handbikeergometrie diese Grenze zeitlich nach hinten verschiebt, desto höher ist seine aerobe Ausdauerleistung. Merkmale für eine verbesserte Ausdauerleistung an der Lactate Treshold ist der Anstieg der Wattleistung (Watt/kg). Es kann sogar ein Absinken der Herzfrequenz und der Laktatkonzentration hinzukommen.

Wattleistung an der Lactate Treshold (LT)

Im Folgenden soll die ausgewertete Wattleistung, sowie die Wattleistung/kg Körpergewicht, am LT dargestellt werden. Dabei wird die aufgeführte Wattleistung nur als Anhaltspunkt dienen. Mehr Aussagekraft für die Untersuchung bei LT, IAS und 3mmol/, soll hingegen der Watt/kg Leistung zugesprochen werden.
Betrachtet man die beiden Diagramme (Tab. 22 & Tab. 23), ist ein Anstieg der Leistung (Watt/kg) seit 2001 bis 2005 in beiden Klassen deutlich zu erkennen. Die Klasse HCB erhöhte ihre Leistung um 0,34 Watt/kg, von 1,02 Watt/kg auf 1,36 Watt/kg, was einen Zuwachs von 33,3% ergab. Für den Stufentest bedeutete dies, bei einer Stufendauer von 3 Minuten und einer Wattsteigerung pro Stufe von 20 Watt, eine Verlängerung der aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit und der Verschiebung der Grenze am LT um 3min26sec auf 13min57sec. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass in der Klasse HCB bereits im Jahre 2002 der größte Leistungszuwachs, sowie auch der Höchstwert (Watt/kg) erreicht wurde. In den Folgejahren kam es zu einer Sättigung der Wattleistungen, welche wieder mit einem Anstieg im Jahre 2005 endeten. In der Klasse HCC waren die Leistungswerte noch deutlicher. So hatte sich die Wattleistung um 0,96 Watt/kg, von 0,85 Watt/kg auf 1,53 Watt/kg verbessert, was einen Zuwachs von 81,2% bedeutete. Für den Stufentest ergab dies eine Verlängerung der aeroben Ausdauerleistung und einer Verschiebung der Grenze am LT um 6min59sec auf 15min14sec. Betrachtet man die Leistungskurve (Watt/kg) der Klasse HCC, ist ein nahezu progressiver Verlauf bis 2004 zu erkennen, welcher, wie in der Klasse HCB, den größten Leistungszuwachs im Jahre 2002 erlebt. Im Jahre 2005 nimmt die reine Wattleistung noch einmal zu, die Watt/kg Leistung aber minimal, aufgrund etwas höherer Körpergewichte ab.
Neben dem größeren Leistungszuwachs, ist auch das Leistungsniveau in der Klasse HCC höher. Vergleicht man die Wattleistungen (Watt/kg) aus dem Jahre 2005 miteinander, ergibt sich ein Unterschied von 0,18 Watt/kg (13,2%). Betrachtet man die Entwicklung der aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit beider Klassen seit 2001, ist zu erkennen, dass die Klasse HCC mit einem Zuwachs von 81,2 % eine deutlich größere Entwicklung erlebte als die Klasse HCB, die einen Zuwachs von 33,3 % aufwies. Weiterhin erwähnenswert ist, dass der in beiden Klassen größte Leistungszuwachs im Jahre 2002 erfolgte.

Tab.22

Tab.22

Tab.23

Tab.23

Zusammenfassend wird festgehalten, dass beide Klassen ihre aerobe Ausdauerfähigkeit verbessern konnten, die Klasse HCC aber eine höheres Leistungsniveau und eine besser Leistungsentwicklung aufweist.

Laktat- und Herzfrequenz an der Lactate Treshold (LT)

Betrachtet man die Laktatkonzentration am LT (Tab. 24 & Tab. 25) in beiden Klassen, ist ein Absinken des Laktats über die Jahre hinweg zu erkennen. Der Verlauf der Laktatkurve ist in beiden Klassen sogar nahezu identisch. So folgt nach einem leichten Anstieg im Jahre 2002, der auch den Höchstwert darstellt, ein starkes Abfallen bis 2004, was in einer Sättigung im Jahr 2005 endet. In der Klasse HCB kam es dabei zu einem Absinken des Laktats um 0,41mmol/l, von 1,84mmol/l auf 1,41mmol/l. Dies bedeutet eine Abnahme von 23,4%. Bei der Klasse der HCC kam es zu einer Abnahme von 20,5%. Hier fiel das Laktat um 0,45mmol/l, von 2,19mmol/l auf 1,74mmol/l.

Tab.24

Tab.24

Tab.25

Die Abnahme des Laktats am LT ist ein weiteres Indiz der Verbesserung der aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit der Probanden. Es sollte aber der Abfall des Basislaktats mit einbezogen werden, welcher zusätzlich zu einer Abnahme des Laktats am LT führte.
Vergleicht man die Laktatkonzentrationen der Klassen miteinander, so sind diese unterschiedlich. Die Klasse HCC zeigt ein konstant höheres Laktat als die Klasse HCB, was eine Abweichung im letzten Untersuchungsjahr von 0,31mmol/l ergibt. Aufgrund des besseren Leistungsniveaus der Klasse HCC sind die höheren Laktatwerte zunächst verwunderlich. Zusätzlich weist die Klasse HCC verständlicherweise niedrigere Pulswerte auf als die Klasse HCB. Der Unterschied der Laktatkonzentrationen könnte damit zusammenhängen, dass die Klasse HCC aufgrund Ihrer geringeren Behinderung zusätzlich zu der Bewegung der Arme noch die des Oberkörpers einsetzt. Dem zu folge beansprucht die Klasse HCC mehr Muskelmasse als die Klasse HCB, was zu einem größeren Energieaufwand und somit zu einer höheren Laktatkonzentration im Blut führt.

6.1.4 Leistungsparameter an der individuellen anaeroben Schwelle (IAS)

Nachdem LT beginnt eine zunehmend anaerob-laktazide Belastung, die der Körper mittels erwähnten Kompensationsmechanismen bekämpft. Die maximale kompensierbare Belastungsintensität (maximales steady state) wird als IAS festgelegt. Danach kommt es zu einem nicht mehr kompensierbaren und schnellen Anstieg des Laktats während eines Leistungstests. Dieser endet in einer Azidose und damit der Ausbelastung des Sportlers. Die IAS ist ein Maß für die anaerob-laktazide Leistungsfähigkeit und eignet sich deshalb ideal zur Festlegung von Belastungsintensitäten durch den untersuchenden Sportarzt. Ziel ist es, ähnlich wie beim LT, durch Training diese anaerob-laktazide Schwelle auszubauen.

Wattleistung an der individuellen anaeroben Schwelle (IAS)

Auch an der IAS ist ein Leistungsanstieg (Watt/kg) in beiden Klassen (Tab. 26 & Tab. 27) zu erkennen. Die Klasse HCB verbesserte sich hierbei um 0,25 Watt/kg, von 1,65 Watt/kg auf 1,9 Watt/kg, was ein Zuwachs von 15,2% bedeutete. Für den Stufentest ergab dies eine Verlängerung und einen Ausbau an der IAS um 3min10sec auf 20min13sec. Die Klasse HCC steigerte sich um 0,37 Watt/kg, von 1,76 Watt/kg auf 2,13 Watt/kg, woraus sich ein Zuwachs von 21% errechnete. Im Stufentest betrug die Verlängerung 4min08sec und erhöhte sich damit auf 21min23sec. Das Leistungsniveau der Klasse HCC ist somit auch an der IAS höher als in der Klasse HCB. Der Leistungsunterschied beträgt 0,23 Watt/kg (12,1%).
Der Kurvenverlauf beider Klassen ist jedoch unterschiedlich und unterliegt Schwankungen. In der Klasse HCC ist durchaus ein ansteigender Verlauf über die Jahre hinweg zu erkennen, der jedoch 2005 stagniert. In der Klasse HCB kommt es im Jahre 2003 und 2004 zu einem leichten Absinken der Werte, der Höchstwert wird aber auch 2005 erreicht. Die geringfügigen Schwankungen der Werte sind, nach Rücksprache mit Adelbert Kromer, Bundestrainer im Behinderten Radsport, auf das junge Bestehen der Sportart und die in den ersten Jahren noch unterschiedlich angewandte Trainingsmethodik zurückzuführen. Zusammenfassend kann aber auch bei diesem Untersuchungsabschnitt festgehalten werden, dass beide Klassen Ihr Leistungsniveau an der IAS ausgebaut haben.

Tab.26

Tab.26

Tab.27

Tab.27

Vergleicht man das Leistungsniveau der Klassen miteinander kann erkannt werden, dass, wie auch bei der Auswertung an der LT, die Klasse HCC ein höheres Leistungsniveau und einen größeren Zuwachs innerhalb des untersuchten Zeitraums aufweist.

Laktat und Herzfrequenzleistung an der individuellen anaeroben Schwelle (IAS)

Während es beim Basislaktat und am LT trainingsbedingt in beiden Klassen zu einem Absinken der Laktatkonzentration kam, gehen die Messergebnisse an der IAS in eine andere Richtung. Bei einer Verbesserung der IAS kann es neben der gestiegenen Wattleistung auch zu einer Erhöhung des Laktatwertes kommen. Die maximale kompensierbare Belastungsgrenze erhöht sich somit und verlängert die Grenze der IAS. Vergleicht man die Jahre 2001 und 2005 kann ein Anstieg des Laktats beobachtet werden (Tab. 28 & Tab. 29). In der Klasse HCB betrug der Anstieg 0,13mmol/l, was ein Zuwachs von 5% bedeutete. Bei der Klasse HCC stieg das Laktat um 0,07mmol/l, woraus sich ein Zuwachs von 2,4% errechnete.

Tab.28

Tab.28

Tab.29

Tab.29

Die Kurvenverläufe beider Klassen unterscheiden sich deutlich. Während das Laktat in der Klasse HCC zwar nur geringfügig aber kontinuierlich ansteigt, kommt es in der Klasse HCB zu deutlichen Schwankungen, was sich vor allem im Jahr 2002 bemerkbar macht. Ob diese korrelierenden Laktatwerte auch auf die unterschiedliche Durchführung der Trainingsmethodik zurück zu führen sind, kann aufgrund der nur minimalen Veränderungen nur vermutet werden. Vergleicht man die Kurven beider Klassen, ist ebenfalls das Phänomen der höheren Laktatwerte der Klasse HCC bei niedrigeren Pulswerten wieder zu erkennen. Gleiches wurde auch schon am LT bemerkt und durch den höheren Muskeleinsatz der Klasse HCC erklärt. Zusammenfassend kann auch hier erkannt werden, dass in beiden Klassen neben dem Anstieg der Wattwerte auch eine Erhöhung der Laktatkonzentration an der IAS erkennbar ist.

6.1.5 Leistungsparameter bei 3mmol/l Laktat

Die Betrachtung der Leistungsparameter bei 3mmol/l Laktat liefert vor allem bei der Entwicklung von Wattleistungen im Vergleich mit Daten aus vergangenen Ergometrien einen guten Überblick. Grund hierfür ist das Laktat, dass im Gegensatz zu der LT und der IAS, als Konstante gegeben ist. Zusätzlich kann festgehalten werden, dass es gerade bei Ausdauersportlern wie den Handbikern im Bereich um 3mmol/l, was auch in Tab. 28 und Tab. 29 zu beobachten war, zum Auftreten der IAS kommt.
In beiden Leistungsklassen ist auch hier eine Zunahme der Wattleistung zu beobachten (Tab. 30 & Tab. 31). Die Klasse HCB steigerte sich dabei um 0,22 Watt/kg auf 1,95 Watt/kg, was eine Zunahme von 12,7% bedeutete. Bei der Klasse HCC stieg die Leistung um 0,05 Watt/kg auf 2,23 Watt/kg, woraus sich eine Zunahme von 2,3% errechnete. Dem zu Folge zeigt die Klasse HCB erstmals, im Bereich von 3mmol/l Laktat, eine bessere Leistungszunahme als die Klasse HCC.

Tab.30

Tab.30

Tab.31

Tab.31
Das Leistungsniveau selbst war in der Klasse HCC, wie auch bei den bisherigen Datenauswertungen jedoch höher als in der Klasse HCB. Vergleicht man die Leistungen im Jahr 2005, ergibt sich ein Leistungsunterschied von 0,28 Watt/kg (14,5%) bei 3mmol/l Laktat. Die Klasse HCC konnte erwartungsgemäß eine niedrigere Herzfrequenz aufweisen.
Vergleicht man die beiden Kurvenverläufe (Watt/kg), zeigt die Klasse HCB einen deutlich homogeneren Anstieg als die Klasse HCC, welche geringen Schwankungen ausgesetzt ist. Den Höchstwert erreichen beide im Jahr 2005. Zusammenfassend kann auch hier festgehalten werden, dass beide Klassen ihr Leistungsniveau bei 3mmol/l Laktat verbessern konnten. Die Klasse HCC weist abermals ein höheres Leistungsniveau auf. Erstmals zeigt die Klasse HCB eine bessere Leistungszunahme als die Klasse HCC.

6.1.6 Maximale Leistungsparameter bei Ausbelastung

Nach Überschreitung der IAS kommt es zu einer zunehmenden Azidose, welche zu einer Ausbelastung und dem Ende der Leistungsergometrie führt. Eine Ausbelastung kann durch verschiedene Kriterien ermittelt werden. Für die Studie der Handbiker wurde die Höhe des Maximallaktats überprüft, bei der man bei einer Überschreitung von 9mmol/l mit Sicherheit von einer Ausbelastung ausgehen kann. Messwerte von Handbikern, die unter diesem Wert angesiedelt waren und somit als submaximale Belastung gesehen werden müssen, wurden in dieser Auswertung nicht miteinbezogen. Der Bereich zwischen IAS und Ausbelastung wird oft als das anaerobe Stehvermögen gekennzeichnet und ist ebenfalls individuell unterschiedlich. Je länger ein Sportler die Zeit bis zur Ausbelastung überdauert desto höher ist auch sein anaerobes Stehvermögen, sowie sein maximales Leistungsvermögen. Es sei jedoch hinzugesagt, dass die maximalen Leistungsparameter zwar einen großen Stellenwert haben und für eine Gesamtbetrachtung eines Stufentests dienlich sind, Werte wie der LT und die IAS besitzen jedoch eine größere Aussagekraft in Bezug auf das Leistungsniveau eines Sportlers.

Maximale Wattleistungen

Eine antrainierte oder angeborene maximale Leistungsfähigkeit beginnt bei Männern bei etwa 3,5 Watt/kg, bei Frauen bei 3,0 Watt/kg. Diese Aussage scheint wohl auf Sportler mit Handycap, wie in unserem Fall, nicht übertragbar zu sein. Zwar hielten sich die Handbiker im Bereich von 3 Watt/kg auf, jedoch waren dies Werte des Bundeskaders und somit Höchstwerte.
Die maximale Wattleistung steigerte sich in der Klasse HCB um 0,15 Watt/kg, von 2,82 Watt/kg auf 2,97 Watt/kg (Tab. 32). Dies ergab ein Zuwachs von 5,3%. Für die Gesamtlänge des Stufentests bedeutete dies eine Verlängerung um 2min25sec auf insgesamt 31min 19sec. Die Klasse HCC hingegen erhöhte ihre Leistung um 0,17 Watt/kg, von 3,11 Watt/kg auf 3,28 Watt/kg (Tab. 33), was einen Zuwachs von 5,5% ergab. Für die Gesamtlänge des Stufentest errechnete sich eine Verlängerung um 1min15sec auf 32min. Vergleicht man beide Klassen, so ist der Zuwachs in beiden Klassen nahezu identisch. Das maximale Leistungsniveau ist bei der Klasse HCC

Tab.32

Tab.32

Tab.33

Tab.33

jedoch höher. Vergleicht man die Wattleistungen aus dem Jahre 2005 miteinander, ergibt sich ein Unterschied von 0,31 Watt/kg (10,4%). Die Kurvenverläufe (Watt/kg) beider Klassen verlaufen nahezu identisch, zeigen im Jahr 2002 und 2004 ein minimales Absinken und erreichen im Jahr 2005 ihre Höchstwerte. Zusammenfassend kann auch hier festgehalten werden, dass sich die maximale Wattleistung in beiden Klassen erhöht hat. Das Leistungsniveau der Klasse HCC ist höher, der Leistungszuwachs hingegen nahezu identisch.

Maximales Laktat und Herzfrequenz

Das maximale Laktat dient ideal als Kriterium für eine Beurteilung der Ausbelastung der Sportler. Laktatwerte ab 9mmol/l und höher deuten mit Sicherheit auf eine Ausbelastung hin.

Tab.34

Tab.34

Tab.35

Tab.35
Die maximalen Laktatwerte der Handbiker liegen dabei noch etwas höher. Betrachtet man die Laktatkonzentrationen beider Leistungsklassen, fällt ein Absinken der Werte über die Jahre hinweg auf (Tab. 34 & Tab. 35).
In der Klasse HCB war dieses Absinken relativ gering. Die Laktatkonzentration reduzierte sich um 0,22 mmol/l, von 12,54mmol/l auf 12,32mmol/l. Dies bedeutete eine Abnahme von 1,8%. In der Klasse HCC hingegen fiel die Laktatkonzentration um 2,01 mmol/l, von 14,06mmol/l auf 12,05 mmol/l was eine Abnahme von 14,3% ergab.
Das Absinken des maximalen Laktats in beiden Klassen lässt sich durch die verbesserte Gesamtausdauerleistungsfähigkeit der Sportler erklären, was auch in anderen Ausdauersportarten oft bemerkt wird.

Maximale Sauerstoffaufnahme

Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) gibt an, wie viel Milliliter Sauerstoff der Körper im Zustand der Ausbelastung maximal pro Minute verwerten kann. Die Angabe erfolgt in Milliliter Sauerstoff pro Minute pro kg Körpergewicht (ml/kg/min). Die VO2max kann als Kriterium für die Bewertung der Ausdauerleistungsfähigkeit eines Sportlers herangezogen werden und wird als aerobe Arbeitsfähigkeit betitelt. Bei Betrachtung der maximalen Sauerstoffaufnahmen beider Klassen sind erneut Anstiege zu bemerken. Die Klasse HCB steigerte sich dabei um 3,62 ml/kg/min, von 38,63 ml/kg/min auf 42,25 ml/kg/min, was einen Zuwachs von 10% bedeutete. Die Klasse HCC hingegen erhöhte die VO2max um 6,88 ml/kg/min, von 41,65 ml/kg/min auf 48,53 ml/kg/min. Der hieraus errechnete Zuwachs betrugt 16,5%.
Die Kurvenverläufe beider Klassen sind nahezu identisch. Bis auf ein Absinken im Jahr 2004 sind die Verläufe ansteigend. Vergleicht man die beiden Höchstwerte, ergibt sich für die Klasse HCB ein Leistungsdefizit gegenüber der Klasse HCC von 12,94%, bzw. 6,28 ml/kg/min.

Tab.36

Tab.36

Die Ergebnisse der VO2max untermauern die schon bei andern Leistungsdaten beobachtete Zunahme der gesamten Ausdauerleistung beider Klassen und zeigen weiterhin das bessere Leistungsniveau, als auch den größeren Leistungszuwachs der Klasse HCC.

6.2 Ergebnisse der sportmedizinischen Untersuchung

Die bei der sportmedizinischen Handbikeergometrie ausgewerteten Leistungsparameter an der Lactate Treshold (LT), der individuellen anaeroben Schwelle (IAS), bei 3mmol/l Laktat, sowie bei Ausbelastung wurden zur Auswertung herangezogen und sollten über die physiologischen Leistungsniveaus der Probandengruppe Auskunft geben. Dabei zeigen viele Leistungsparameter in dem untersuchten Zeitraum von 2001 bis einschließlich 2005 eine positive Entwicklung in Bezug auf das physiologische Leistungsniveau der Sportler.
Als den größten Entwicklungsschritt kann die aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit, die anhand der Wattleistung (Watt/kg) an der LT gemessen wurde bezeichnet werden. Hier erreichten die Probanden der Leistungsklasse HCB und HCC den größten Zuwachs. Die Klasse HCB steigerte hierbei Ihre aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit um 33,3% (0,34 Watt/kg). Bei der Klasse HCC waren es sogar 81,2% (0,96 Watt/kg). Auch an der IAS konnte eine positive Entwicklung beider Leistungsklassen erkannt werden. Wiederum war es die Klasse HCC, welche mit 21% (0,37 Watt/kg) einen größeren Zuwachs erfuhr als die Klasse HCB mit 15,2% (0,25 Watt/kg). Bei der Auswertung bei 3mmol/l Laktat hingegen konnte sich die Klasse HCC lediglich um 2,3% (0,05 Watt/kg) steigern, die Klasse HCB hingegen um 12,7% (0,22 Watt/kg). Bei Ausbelastung erreichte die Klasse HCB einen Zuwachs von 5,3% (0,15 Watt/kg), die Klasse HCC von 5,5% (0,17 Watt/kg). Bei der ebenfalls bei Ausbelastung gemessenen maximalen Sauerstoffaufnahme steigerte sich die Klasse HCB um 10% (3,62 ml/kg/min), die Klasse HCC um 16,5% (6,88 ml/kg/min). Damit kann neben der positiven Leistungsentwicklung beider Klassen festgehalten werden, dass die Klasse HCC, ausgenommen bei 3mmol/l Laktat, einen größeren leistungsphysiologischen Entwicklungsschritt zurückgelegt hat als die Klasse HCB.
Der Unterschied des Leistungsniveaus beider Klassen war bei nahezu allen untersuchten Leistungsbereichen ersichtlich. So waren die erreichten Wattleistungen 65 der Klasse HCC immer höher als die in der Klasse HCB. Beim LT ergab sich ein Leistungsdefizit der Klasse HCB von 13,2% (0,18 Watt/kg), bei der IAS waren es 12,1% (0,23 Watt/kg) und bei 3mmol/l Laktat 14,5% (0,28 Watt/kg). Die maximale Wattleistung war mit 2,97 Watt/kg bei der Klasse HCB ebenfalls um 10,4% niedriger als bei der Klasse HCC, deren Wert 3,28 Watt/kg erreichte. Auch die maximale Sauerstoffaufnahme ergab ein Leistungsdefizit für die Klasse HCB von 12,94% (6,28 ml/kg/min).
Mit der Auswertung der Laktatkonzentrationen von Basislaktat, Laktat an der LT und IAS, sowie des Maximallaktats konnten die Ergebnisse der Wattleistungen untermauert werden. So kam es aufgrund des gestiegenen Leistungsniveaus der Sportler zu einem Absinken der Werte von Basislaktat, Laktat an der LT und des Maximallaktats. Eine erhöhte Laktatverträglichkeit im anaerob-laktaziden Bereich führte hingegen zu einem leichten Anstieg des Laktats an der IAS in beiden Klassen. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass aufgrund des höheren Leistungsniveaus der Klasse HCC, die Herzfrequenzen dementsprechend niedriger waren. Die Laktatkonzentrationen des Basislaktats, sowie das Laktat an der LT und IAS waren jedoch höher als in der Klasse HCB. Dieser Unterschied wird durch die zusätzliche Bewegung des Oberkörpers begründet, was zu einer Aktivierung von mehr Muskelmasse in der Klasse HCC führt und damit zu einem größeren Energieaufwand welcher zu einer Erhöhung der Laktatkonzentration führt.
Betrachtet man die Jahre im Einzelnen, ist der wohl größte Leistungszuwachs im Jahr 2002 zu erkennen. Auch wenn die besten Leistungsparameter im Jahr 2005 zu finden sind, war hier der Zuwachs jedoch am geringsten, wodurch sich eine Sättigung einstellte. Die Sättigung könnte durchaus mit einer, über die Jahre hinweg erworbenen, ausgereiften Ausdauerfähigkeit der Sportler begründet werden.

7. Zusammenhänge der Ergebnisse aus Fragebogen & Handbikeergometrie

Im Folgenden sollen die Entwicklungen der Trainings- und Wettkampfstrukturen, sowie weitere Elemente aus dem Fragebogen mit den physiologischen Leistungsparametern der Handbikeergometrien verglichen und Zusammenhänge dargestellt werden. Dazu werden die Daten aus dem Fragebogen denen der Handbikeergomtrien angepasst und mit dem Untersuchungsjahr 2001 begonnen.

7.1 Entwicklung der Leistungsniveaus

Um die aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit optimieren zu können bedarf es einer Grundlagenausdauerfähigkeit, die im Handcycling durch das Training von hohen Kilometerumfängen im aeroben Bereich erzielt werden kann. Vergleicht man die beiden Untersuchungen aus Sportmedizin und Fragebogen lässt sich die Zunahme der aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit durch die deutliche Steigerung der Kilometerleistung begründen. Die Erhöhung der Kilometerleistung beider Klassen von 5705 km auf 8455 km (Tab. 6, S.29) ergab einen Zuwachs von 88%. Die aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit konnte an der LT gemessen werden und stieg in der Klasse HCB um 33,3% an. In der Klasse HCC waren es sogar 81,2%.
Um eine positive Entwicklung der anaerob-laktaziden Ausdauerleistungsfähigkeit erzielen zu können bedarf es weiteren Trainingsinhalten, wobei hauptsächlich das Training von intensiven und extensiven Intervallen eine Rolle spielt. Wie wir durch den Fragebogen erfahren konnten, betrieben im Jahre 2001 bereits 40% der Probanden ein Intervalltraining, im Jahr 2005 waren es sogar 93,3% (Tab. 7, S.30). In der sportmedizinischen Untersuchung ergab sich eine durchschnittliche Steigerung, welche an der IAS gemessen wurde in der Klasse HCB um 15,2% und der Klasse HCC um 21%. So ist auch hier die gestiegene anaerob-laktazide Ausdauerleistungsfähigkeit durch die Aufnahme von Intervalleinheiten in das Trainingsprogramm der Sportler zurück zu führen.
Der Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Trainingsstruktur und der gestiegenen Ausdauerleistungsfähigkeit kann, neben den erwähnten Werten, 67 ebenfalls durch die Zunahme der maximalen Sauerstoffaufnahme (Tab. 36, S.63) und Wattleistung (Tab. 32 & Tab. 33, S.60) belegt werden. Die Verbesserung der gesamten Ausdauerleistungsfähigkeit als Folge der positiven Entwicklung der Trainingsstruktur war schlussendlich in den gestiegen Wettkampfleistungen, Zunahme von Wettkampfplatzierungen (Tab. 9, S.33) und erreichten Durchschnittgeschwindigkeiten (Tab. 10 bis Tab. 16, ab S.35) zu erkennen.
Auch hier sollte abschließend im Hinblick auf die untersuchten Jahre festgehalten werden, dass nach einem steigenden Verlauf die Trainingsstruktur und die Leistungszuwächse der Probanden im Jahre 2005 einer Sättigung ausgesetzt waren, was auf eine ausgereifte Leistungsfähigkeit und Trainingstruktur schließen lässt. Auch wenn die Leistungsklasse HCA in der sportmedizinischen Auswertung nicht aufgeführt werden konnte, kann aufgrund der positiven Entwicklung der Trainingsund Wettkampfstruktur ebenfalls von einer leistungsphysiologischen Zunahme der gesamten Ausdauerleistungsfähigkeit ausgegangen werden.

7.2 Unterschiede der Leistungsniveaus

Leistungsunterschiede zwischen den verschiedenen Handbikeklassen waren ebenfalls in beiden Untersuchungsteilen zu finden. Bei der Fragebogenauswertung war dies anhand unterschiedlicher Durchschnittgeschwindigkeiten bei den Wettkämpfen zu erkennen (Tab. 10 bis Tab. 16, ab S.35). Es konnte festgelegt werden, dass mit größer werdender Behinderung, bzw. Einschränkung der Bewegung, die Durchschnittgeschwindigkeit abnahm. Die leistungsphysiologische Datenauswertung der Klasse HCB und HCC bestätigte diese Annahme. Das Leistungsniveau (Watt/kg) war in allen gemessenen Bereichen in der Klasse HCC höher als in der Klasse der HCB.
Auch hier sollte die Leistungsklasse HCA erwähnt werden. Aufgrund der niedrigsten Durchschnittgeschwindigkeiten der Männerklasse bei den Wettkämpfen (Tab. 12, S.35) ist von einem Leistungsniveau auszugehen, das unter dem der Leistungsklasse HCB liegt.

8. Zusammenfassung

Anhand einer objektiven Betrachtung der Sportart, der zusätzlichen Auswertung von Fragebögen und Handbikeergometrien, konnte die Langzeitstudie genügend Antworten geben und uns eine durchaus positive Entwicklung des Handcyclings innerhalb des untersuchten Zeitraums aufzeigen!

Betrachtet man die Sportart seit ihrer Entstehung bis heute war es der systematische Aufbau von Strukturen der letztendlich eine Steigerung des Leistungsniveaus herbei führte. Nach einem strukturellen Aufbau der Sportart durch Organisationen, Verbände und Vereine wurde der Grundstein für die Weiterentwicklung des Handcyclings geschaffen. So kam es in den Folgejahren zu der Gründung von Bundeskadern, der Einführung von Leistungsklassen, zu einer Ausweitung der Wettkampfstruktur und des Wettkampfangebots, sowie der Anwendung von sportartspezifischer Trainingsmethodik und sportmedizinischer Betreuung. Gerade die letzten beiden erwähnten Punkte schufen eine professionelle Trainingstruktur und bildeten, zusammen mit der Weiterentwicklung des Handbikes den leistungsoptimierenden Faktor. Dieser konnte durch die Datenauswertung der Fragebögen und Handbikeergometrien belegt werden. Aber auch andere Feststellung, die im Laufe der Arbeit getätigt wurden, bleibt es zu erwähnen. Versucht man nun abschließend, neben den vielen Teilergebnissen, die wichtigsten Kernaussagen der Magisterarbeit zusammenzufassen und aufzuführen, so finden sich drei Aussagen die getroffen werden können:

1. Die Steigerung der Trainingsleistung und der Ausdauerleistungsfähigkeit der Probanden, sowie die Weiterentwicklung des Handbikes führten zu einer Verbesserung des Leistungsniveaus, was sich vor allem in den Wettkämpfen durch eine Zunahme der Platzierungen und einer Erhöhung der Durchschnittgeschwindigkeiten bemerkbar machte.

2. Das Leistungsniveau bei Frauen und Männern in den Leistungsklassen HCA, HBB und HCC nimmt mit zunehmender Behinderung ab.

3. Höhere Laktatkonzentrationen der Klasse HCC, obgleich besserem Leistungsniveau, beruhen auf der zusätzlichen Aktivierung von mehr Muskelmasse die zu einem größeren Energieaufwand führt.

Mit diesen Erkenntnissen ist das Ziel der Magisterarbeit, die Jahre der Entwicklung der jungen Sportart Handcycling anhand einer Langzeitstudie auszuwerten und die Ergebnisse aufzuzeigen erreicht und kann durchaus als erfolgreich bewertet und abgeschlossen werden.

9. Diskussion

Auch wenn die Belastungsuntersuchungen der Kaderathleten eine positive Entwicklung hinsichtlich ihres Leistungsniveaus aufweisen, wird sofort nach Anblick der entstandenen Wettkampfleistungen erkannt, dass sich die erbrachte Leistung viel mehr gesteigert hat als die Leistungsfähigkeit der Sportler. Ein Teil der Leistungssprünge kann aufgrund der verbesserten aeroben Ausdauerfähigkeit, gemessen am LT, als Folge der höheren Trainingsumfänge begründet werden. Die zusätzlichen Ergebnisse der IAS und der Maximalwerte bei Ausbelastung reichen jedoch bei weitem nicht aus um den großen Leitungsanstieg zu erklären.
So lässt sich daraus schließen, dass die Leistungssprünge in den Wettkämpfen vor allem durch die Verbesserungen am Handbike entstanden sind. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Veränderungen in Ergonomie, Steifigkeit und Gewicht dermaßen positiv auf die Leistungen der Handbiker ausgewirkt haben, dass große Leistungssprünge möglich waren. Diese Annahme soll vor allem für die Zukunft von großer Bedeutung sein. Scheinbar liegt in der Weiterentwicklung des Sportgeräts die Möglichkeit, die Wettkampfleistung weiterhin zu verbessern.

10. Ausblick

Abschließend kann festgehalten werden, dass seit Entstehung der Sportart viele Strukturen geschaffen wurden, wodurch ein hohes sportliches Niveau erreicht werden konnte. Betrachtet man vergleichbare Sportarten, ist mit einer Weiterentwicklung der Strukturen durchaus noch zu rechnen. So sind die Einführungen von Ligen, Nachwuchsklassen und Landesverbänden nur einige wenige Beispiele für Gefüge, die es noch zu optimieren oder einzuführen gilt. Gerade die im Jahr 2007 eingeführten Nachwuchsklassen der U-17, U-19 und U-23 dürfen als großer Schritt nach vorne bezeichnet werden. Durch diese Strukturerweiterung von hinzukommenden Altersklassen wird die Sportart auch für junge Menschen erschlossen. Eine Förderung der jungen Sportler und ein besserer trainingsmethodischer Aufbau ist somit ebenfalls gewährleistet, was sich auch positiv auf das Leistungsniveau auswirkt. So kann in der Zukunft mit einer Zunahme des Leistungsniveaus der Sportler durchaus gerechnet werden. Große Entwicklungsschritte in Bezug auf die Trainingsstruktur und Ausdauerleistungsfähigkeit die wir bereits in den untersuchten Jahren beobachtet haben sind jedoch aufgrund ihres ausgereiften Zustandes nicht mehr zu erwarten. Hier gilt es die Trainingsstrukturen zu optimieren und für neue Trainingsmethodiken offen zu sein.
Wie in der Diskussion schon erwähnt, könnte es eher das Handbike sein, das eine weitere Zunahme von Leistungen hervorbringen könnte. Es sei aber auch erwähnt, dass das Handbike die größten Entwicklungsschritte hinter sich hat. Aber auch hier ist der Zenit noch nicht erreicht und es werden für die Zukunft weitere interessante Neuerungen und Optimierungen erwartet. Eine davon wird mit Sicherheit der Werkstoff Karbon sein, der von den Herstellern auch bald für den Bau eines Handbikerahmens Verwendung finden soll.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass auch in Zukunft die Strukturen der Sportart Handcycling in vielen Bereichen optimiert und ausgebaut wird. Gerade um international konkurrenzfähig zu bleiben ist dies aber auch notwendig. Eines jedenfalls konnte die Sportart schon jetzt erreichen: Viele Behinderte haben durch sie die Freude am Sport gefunden.

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